Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

592 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 146. 
Der Urlaub wird dem Beamten auf sein Ansuchen von der vor- 
esetzten Behörde erteilt. Eine Urlaubserteilung ist nicht er- 
orderlich, sondern die bloße Anzeige an die vorgesetzte Behörde 
genügt, wenn der Beamte an der Erfüllung seiner Dienstobliegen- 
heiten verhindert ist: a) durch Erfüllung einer staatsbürgerlichen 
Pflicht (Ablegung von Zeugnis, Schöffen- und Geschworenendienst, 
Militärpflicht), b) durch Krankheit, c) durch Eintritt in den Reichs- 
tag? und für Landesbeamte nach den meisten Verfassungen durch 
Eintritt in den Landtag®. 
Die allgemeine Pflicht zur Erfüllung der Amtsobliegenheiten 
enthält die besondere, den dienstlichen Wohnsitz nicht ohne Ge- 
nehmigung des zuständigen Vorgesetzten zu verlassen (Residenz- 
pflicht)a. 
Der Beamte verpflichtet sich nicht bloß zu einer Reihe 
spezieller Tätigkeiten ; seine ganze Arbeitskraft soll dem öffentlichen 
Dienste gewidmet sein. Deshalb ist er verbunden, außer seinen 
regelmäßigen Amtsgeschäften Nebenaufträge zu übernehmen. 
2. Aufrechterhaltung des Dienstgeheimnissesb. 
Die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des Dienstgeheimnisses 
besteht jedoch keineswegs in bezug auf alle Gegenstände, welche 
in amtlicher Eigenschaft zur Kenntnis der Beamten gelangen. Sie 
beschränkt sich auf diejenigen, welche ihrer Natur nach Geheim- 
haltung erfordern oder durch eine zuständige Autorität (Gesetz, 
gierung zu enthalten, eine Verpflichtung, welche v. Kirchenheim a.a.O. 218 
und Bornhak, a. a. O. (1. Aufl.) 55 behaupten. [In der 2. Aufl. des Bornhak- 
schen Staatsrechts sind die zitierten Ausführungen wesentlich gemildert. 
Danach darf der Beamte sich auch gegen die „derzeit herrschende Richtung“ 
betätigen, freilich nur „in der gehörigen sachlichen Form“, Ausgeschlossen 
sei jedoch „jede offene Betätigung der Beamten für grundsätzlich staatsfeind- 
liche Parteien“.] Solange den Beamten durch Einräumung des aktiven und 
passiven Wahlrechtes die Befugnis beigelegt ist, an dem politischen Leben 
es Volkes sich zu beteiligen, solange muß es ihnen auch freistehen, bei 
dieser Gelegenheit ihre individuelle Überzeugung zum Ausdruck zu bringen. 
Jedoch kann gegen einen Beamten dann vorgegangen werden, wenn seine 
politische Tätigkeit derart war, daß dadurch die Pflicht zum achtungs- und 
vertrauenswürdigen Verhalten verletzt wird (Entscheidungen des preußischen 
Oberverwaltungsgerichtes 14 404 ff., 55 467 ff. [Schr beachtenswerte Kodi- 
fikation betr. Beamtenptlichten: badische landesherrliche V. vom 27. Dez. 
1889, die Ptlichten der Beamten betr. Zur Frage der Beschränkungen der 
Beamten auf dem Gebiete der politischen Betätigung vgl. noch v. Roenne- 
Zorn StR 1 459, 460 Anm. 4; v. Rheinbaben, DiszG 82 ff.; v. Seyılel-Piloty. 
Bay. StR 1 706 Anm, 36; Piloty in den Bayerischen Verkehrsblättern 1911 
865 ff.; Piloty, ArchÖfR 88 3fl.; Reindl, Bay. BG 65. Vgl. auch unten 
& 147 S. 597 Anm 1, S. 599 Anm. b.] 
2 RV Art. 21. — Selbstverständlich hat der Beamte keinen Rechts- 
anspruch auf Urlaub für politische Tätigkeit. Vgl. van Calker in DJZ 8 
219 ff., sowie unten & 150 N. 11 (Vertretungskosten). 
"8 Vgl. $ 99 S. 350. 
a ALR 210 8 92, Bay. BG Art.21. Vgl. Plumeyer, Die Residenzpflicht 
der Reichs- und preußischen Benmten, ZStW 1914, 59L ff.; Brand, BR 519 ff.; 
Reindl, Bay. BG, zu Art. 21. 
b Vgl. W. van Calker in der Festgabe für O. Mayer (1916) 119 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.