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Angeschuldigten eröffnet wird, so muß das Disziplinarverfahren
bis zur Beendigung des gerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden.
Erfolgt in dem strafgerichtlichen Verfahren die Verurteilung zu
einer Strafe, welche Amtsverlust zur Folge hat, so erübrigt sich
damit jedes Disziplinarverfahrenn. Wird der Beamte im gericht-
lichen Verfahren zu einer Strafe verurteilt, welche Amtsverlust
nicht nach sich zieht, so kann nachträglich noch eine Disziplinar-
untersuchung gegen ıhn eingeleitet werden. Wenn im strafgericht-
lichen Verfahren Freisprechung erfolgt, so findet wegen derjenigen
Tatsachen, welche dort zur Erörterung gekommen sind, ein Die-
ziplinarverfahren nur noch insofern statt, als dieselben an sich
und ohne ihre Beziehung zu dem gesetzlichen Tatbestand der
strafbaren Handlung, welche den Gegenstand der Untersuchung
bildete, ein Dienstvergehen enthalten P.]
n „Verlust der öffentlichen Amter“ im Sinne von $$ 31, 33, 35 StrGB
bedeutet zugleich auch Verlust der Beamteneigenschaft, also soviel wie die
höchste Disziplinarstafe: Dienstentlassung.
o Diese Grundsätze sind zuerst durch die preußische Gesetzgebung
aufgestellt worden (G. vom 29. März 1844 9 10—12, G. vom 7. Mai 1851
SS 3 und 4, vom 21. Juli 1852 $$ 4 und 5), und aus dieser in viele
andere Gesetze übergegangen: zunächst in das RBG S$ 77, 78, dann
in folgende Landes-Beamtengesetze: Bay. BG Art. 115, 116, Bay. DiszG
für richterliche Beamte Art. 10, 11, Sächs. G. vom 39, Juni 1876 8 34,
G. vom 20. März 1880 8$ 20—22, Württ. BG Art. 75, 76, Bad. BG 5 85
86, Hess. G. vom 31. Mai 1879 Art. 55 und 56, G. vom 21. pril
1880 Art. 12, 8.-Mein. StBG Art. 43-45, G. vom 11. Juli 1879 $y 8
und 4, S.-Alt. StDG sh 64, 65, Braunschw. StDG 5; 85, 86, Anh. StDG
88 66 und 67, Anh. G. vom 10. Juli 1879 Art. II, Schw.-Sondh. G.
vom 27. Mai 1879 $$S 3 und 4, vom 23. Jan. 1880 8$ 3 und 4, Schw.-Rud.
G. vom 10. Mai 1858 N 9—12, G. vom 1. Mai 1879 8—6, Reuß ä.L.
G. vom 3. März 1883 Art. III 5,21, Reuß j. L. StDG 88 53, 54, Lip .
StDG 88 46 und 47, Schaumb.-Lipp. StDG © 52 und 53, Wald. St 5
88 64-66, Brem. BG 885 80 und 81, Lüb. BG $$ 42 und 43, Hamb. Disz
und Pens@ $ 14,
pP Über die Frage, inwieweit die tatsächlichen Feststellungen des Straf-
richters, mögen dieselben zur Freisprechung oder zur Verurteilung geführt
haben, für das nun folgende Disziplinarverfahren bindend sind, herrscht
Streit. Das preußische Staatsministerium als oberste Disziplinarinstanz für
nichtrichterliche unmittelbare Staatsbeamte vertritt in seiner Entsch, vom
23. März 1891 (abgedr. im preuß. Zentralbl, der Unterrichtsverwalt. 1891 340)
und seitdem in ständiger Praxis (nachgewiesen bei v. Rheinbaben, Disz&
115) den Standpunkt vollkommener Unabhängigkeit des Disziplinarrichters
egenüber dem Strafrichter, derart, daß der erstere, welcher über einen von
etzterem abgeurteilten Fall zu entscheiden hat, an die Entscheidung des
letzteren nicht gebunden, vielmehr zur freien Prüfung der Schuldfrage be-
rechtigt und verpflichtet sei. Im Gegensatz hierzu erachtet das preußische
Oberverwaltungsgericht (Entsch. vom 31. Okt. 1891 OVG 22 428) den Dis-
ziplinarrichter an die tatsächlichen Feststellungen des Strafrichters für ge-
bunden, gleichviel ob der Ausgang des Strafprozesses ein verurteilender oder
freisprechender war. Das OVG hat sich hiermit der Meinung angeschlossen,
welche der Kaiserliche Disziplinarhof in feststehender Rechtsprechun
— vgl. Entsch. vom 1. April 1874, ZBIDR 134, vom 9. März 187
Zeitschrift für Gesetzgebung und Praxis 8 328, vom 24. Febr. 1902, DJZ
? 263, weitere Entscheidungen bei v. Rheinbaben, a. a. O. 110, 116 — zur
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