Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

610 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 149. 
über vermögensrechtlich verpflichtet wird!‘ Bei 
Beantwortung derselben ist zu unterscheiden: Hat der schaden- 
stiftende Akt den Charakter einer privatrechtlichen Hand- 
lung, insbesondere eines Privatrechtsgeschäfts, hinsiehtlich dessen 
es im freien Belieben des Dritten stand, ob er es eingehen wollte 
oder nicht (Käufe, Verkäufe, Transportgeschäfte bei Posten oder 
Eisenbahnen), so kommen die Grundsätze des Privatrechtes in 
Anwendung. Der Staat haftet, soweit nicht einzelne Fragen durch 
Spezialgesetze geregelt sind, in demselben Umfange, in welchem 
eine juristische Person aus den Handlungen ihrer Organe verhaftet 
wird !!, Stellt sich dagegen der schadenstiftende Akt als Aus- 
übung öffentlicher Gewalt dar, so können privatrecht- 
liche Analogieen nicht entscheiden. Hier tritt der Staat dem 
Einzelnen nicht als gleichberechtigtes Subjekt, sondern mit obrig- 
keitlicher Gewalt gegenüber, und diese obrigkeitliche Gewalt ver- 
körpert sich in der Person des Beamten. Der Staat ist daher 
verpflichtet, für den Schaden einzustehen, der einem Einzelnen 
durch die pflichtwidrige Handlung eines Beamten zugefügt wird 
oder welchen ein Einzelner dadurch erleidet, daß er einem amt- 
lichen Befehle Folge leistet!?, Aber die Ersatzpflicht des Staates 
10 Perthes, Staatsdienst in Preußen 135 ff.: Pfeiffer, Praktische Aus- 
führungen 2 361 ff.; H. A. Zachariä, Über die Haftungsverbindlichkeit des 
Staates aus rechtswidrigen Handlungen und Unterlassungen seiner Beamten, 
ZStW 19 582 ff.; Loening, Die Haftung des Staates aus rechtswidrigen 
Handlungen seiner Beamten nach deutschem Privat- und Staatsrecht, 
(1879). Zur Frage der Beamtenhaftpflicht, in den Blättern für admini- 
strative Praxis 33 33 fl.; Freund ım ArchOffR 1 361 ff.; Piloty, Die 
Haftung des Staates für rechtswidrige Handlungen und Unterlassungen bei 
Ausübung staatlicher Hoheitsrechte, AnnDR 1888 254 ffl.; Klewitz in 
der N, 1 zitierten Schrift: Gierke, Genossenschaftstheorie 743 ff., 794 ff., 
Deutsches Privatrecht 1 528 ff.; v. Tuhr, Bürgerliches Recht, Allgem. Teil 
1461ff.; O. Mayer, VR2258f.; Derselbe im Sächs. Archiv für Rechtspflege 
S1ff. Bedeutsam für die Materie sind insbesondere auch die Verhandlungen 
mehrerer Deutscher Juristentage (des 6., 8., 9. und 28. Juristentags); vgl. 
namentlich das dem 28. Juristentage erstattete Gutachten v. Gierke, Ver- 
handlungen dieses T’ages (1905) 1 102 ff. (mit reichhaltigen Nachweisungen 
aus der Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung). l. ferner Fleiner, 
Instit. 265 ff.; Dock im ArchÖfR 16 244 ff.; Coester im JahrbOER 5 288 ff. ; 
Delius, Die Haftpflicht der Beamten (1901); Kelsen, Über Staatsunrecht, 
GrünhutsZ 40 1fi.; Brand, BR 615 ff.; Kröner, Die Beamtenhaftpflicht im 
Reiche und in den Bundesstaaten (1911). Hierzu kommt die privatrechtliche 
Literatur zu den einschlägigen Bestimmungen des BGB (83 31, 89) und den 
auf Grund von Art. 77 EG zum BGB ergangenen Landesgesetzen. 
1! [Diesen aus dem Wesen der Sache folgenden Grundsatz hat das 
BGB aufgenommen: vgl. $S$ 31 und 89 das. Dach vermeidet das BGB, 
31, den Ausdruck „Organ“ und spricht von „Vorstand, Mitgliedern des 
orstandes und andern verfassungsmäßig berufenen Vertretern“. Zu &$ 31, 
89 BGB vgl. F. Klingmüller, Die Haftung der Vereinsorgane nach 3 31 
BGB (1900); Hatschek im VerwArch 7 467f£.; Gierke in dem N. 10 zitierten 
Gutachten 109 ff. Streitig ist insbesondere der Begriff des „verfassungsmäßig 
berufenen Vertreters.“] 
12 Diesen Standpunkt vertreten H. A. Zachariä in der N.9 angeführten 
Abhandlung und Deutsches Staats- und Bundesrecht $ 140 S. 56 ff.: Pfeiffer,
	        
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