Die Funktionen. $ 158. 661
Entwurf von der Annahme dieser Amendements abhängig zu
machen. Nur bezüglich der für jede Finanzperiode ergehenden
Gesetze über die Ördnung des Staatshaushalts — Etatgesetze,
Budgetgesetze, Gesetze über den Staatsvoranschlag (vgl. unten
S 205) — ist in einigen der Einzelstaaten mit Zweikammersystem
er Ersten Kammer die Befugnis der Amendierung — ganz oder
doch teilweise — versagt und ihr nur das Recht der Annahme
oder Ablehnung im ganzen gewährt?,
Das Verfahren bei der Beratung der Gesetzesvorlagen und
bei der Beschlußfassung über dieselben im Landtage bezw. den
Kammern richtet sich nach den Vorschriften der Verfassung und
der Geschäftsordnungen (oben $ 104). Die Beschlußfähigkeit der
Kammern ist durch die Anwesenheit der verfassungsmäßigen
Mindestzahl von Mitgliedern!® bedingt, die Anwesenden be-
schließen mit einfacher Stimmenmehrheit.
Erschwerende Formen sind in den meisten Ländern für die
Feststellung des Inhalts solcher Gesetze vorgeschrieben, welche die
Verfassung ändern!!, Solche Erschwerungen sind: das Er-
fordernis einer erhöhten Beschlußfähigkeitsziffer oder einer quali-
fizierten Mehrheit im Landtage (den Kammern) oder einer wieder-
holten Abstimmung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes!?, Soll
9 So vor allem in Preußen, Verf. Art. 62 Abs. 8. Hier fehlt der Ersten
Kammer, dem Herrenhause, das Amendierungsrecht völlig. Dagegen besitzen
die Ersten Kammern in Württemberg, Baden, Hessen das Recht der Amen-
dierung des Etats, wenngleich nur in sehr abgeschwächter und bedingter
Gestalt. Vgl. oben $ 97 S.336, 337 Anm.7 und die dort zitierte Abhandlun
von Ben, WStVR 2 728ff., dazu jetzt noch für Preußen v. Roenne-Zorn
’ ’ .
10 Oben 5,104 8. 368 Anm. 22.
11 Vgl. Fleischmann, a. a. O. 113£.; F. W. v. Rauchhaupt, Ver-
fassungsänderungen nach deutschem Landes-Staatsrecht, insbesondere in
Preußen (1908).
12 Die Bayr. Verf. Tit.X 87 verlangt die Gegenwart von drei Viertel
der bei der Versammlung anwesenden Mitglieder und die Zustimmung von
zwei Drittel in jeder Kammer, die Sächs. Verf. $ 152 die Gegenwart von
drei Viertel der Anwesenden, ebenso das S.-Weim. RGG 8 64, das Schw.-
Rud. GG 8 46, die Reuß ä. L. Verf. $ 90. Außerdem wird, wenn der Ab-
änderungsvorschlag aus der Initiative des Landtages hervorgegangen ist,
in Bayern ’eine dreimalige Beratung und Abstimmung [G., die ständische
Initiative betr., vom 4. Juni 1848 Art. 6), in Sachsen ein übereinstimmender
Beschluß in zwei ordentlichen Sitzungsperioden des Landtages erfordert
(Verf. $ 152), In S.-Weim. muß bei Verfassungsänderungen zwischen Be-
ratung und Abstimmung ein Zeitraum von 8 Tagen liegen, in Reuß &. L.
ist eine zweimalige Abstimmung mit einem Zwischenraume von 8 Tagen
erforderlich. — In Schw.-Sondh. yLeG $ 38, G. vom 19. Aug. 1896) und
Waldeck (Verf. $ 95) müssen der erfassungsänderung zwei Drittel der ge-
setzlichen Zahl der Abgeordneten in zwei Abstimmungen zugestimmt haben,
zwischen denen ein Zeitraum von 14 Tagen, der aber durch Beschluß des
Landtags abgekürzt werden kann (Schw.-Sondh.), bezw. 3 Tagen (Woald-)
liegt. — Die Zustimmung von zwei Drittel der anwesenden Mitglieder
fordern die Württ. Verf. $ 176, die Bad. Verf. $ 64 (nach dieser Verf. $ 73,
außerdem noch in beiden Kammern die Anwesenheit von drei Vierteln der