Die Funktionen. $ 159. 669
[l. Die Verwaltungsverordnungen heißen so, nicht
weil sie von der Verwaltung erlassen werden — denn das ist bei
jeder Verordnung der Fall, sondern weil sie auch inhaltlich,
materiell das sind, als was sie nach Ursprung und Form er-
scheinen: Verwaltungsakte. Verwaltungsverordnungen sind
solche Verordnungen, mit denen die Verwaltung nicht das ihr
übertragene Recht des Gesetzgebers, die rechtsetzende Gewalt,
sondern ihr eigenes Recht, die vollziehende Gewalt, geltend macht,
indem sie die Einrichtungen und die Tätigkeit des Staates inner-
halb der Schranken des geltenden Rechts regelt. Arten der
Gattung Verwaltungsverordnung sind: die Verordnungen, welche
numgen ist namentlich von Laband, StR a. a. O. (s. Anm. 1) entwickelt
worden und jetzt nahezu allgemein anerkannt. Vgl. z. B. H. Schulze,
Deutsches StR 18187 S. 529 ff.,. Preuß. StR 2 $ 173 S.25 fl.; Rosin, Polizei-
verordnungsrecht 28; Ulbrich, Österreichisches StR 391; v. Stengel, Organi-
sation der preußischen Verwaltung 28; Jellinek, a. a. O. 384 fl.; Anschütz,
Kritische Studien 55, 70ff., Gegenwärtige Theorien 8ff., 19 ff., 62 ff., Enzykl.
162 fi.; Hubrich in den AunDR 1%% 770 ff., 801 ff., 11 ff. (im folgenden
zitiert: „Hubrich, a. a. O.“); Derselbe, Das Reichsgericht über den Gesetzes-
und Verordnungsbegriff nach Reichsrecht, Berlin 1905 (im folgenden zitiert:
Hubrich, Reichsgericht)]; ferner v. Seydel-Piloty, a. a. O. (s. Aum. I); Schoen
im HdbPol 294; v. Roenne-Zorn, Preuß. StR 8 20; Göz, Württ. StR 215;
Fleiner, Instit. 62#., 7Off.; W. van Calker, Hess. StR 162 ff. und Hess. Verf.-
Gesetze 83 ff., 134. Für die Unterscheidung, aber gegen die herrschende
Terminologie: Arndt, VerordR 6, VerwArch 13 207 selbständ. VR 241ff.,
RStR 199 ff., 207. [O. Mayer, VerwR (2. Aufl.) 1 85 ff. unterscheidet Ver-
waltungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften. Seine „Verwaltungs-
verordnung“ ist aber etwas anderes als das, was die herrschende Lehre so
nennt, nämlich eine Verordnung, welche Rechtssätze enthält — also eine
Rechtsverordnung. Die Verwaltungsvorschrift im Sinne O. Mayers
macht eine „besondere Abhängigkeit“ geltend, „in welche die Einzelnen
gegenüber der Verwaltung getreten sind“ (a. a. O. 86, 87. Die Uhter-
scheidung Mayers deckt sich nicht, oder doch nicht genau mit der herrschen-
den Zweiteilung (a. a. O. 86 Anm. 6 a. E.).] Den Unterschied von Rechts-
und Verwaltungsverordnungen verwerfen oder erklären für bedeutungslos:
Zorn, StR1 485, AnnDR 1885 311; v.Sarwey, Allgemeines Verwaltungsrecht,
in Marquardsens Handbuch 30; Zolger, a. a. O. 47 ff.; Herwegen, Reichs-
verfassung und Bundesrat (Bonner Diss. 1902), 65 fl. [Wenn die letzteren
Schriftsteller, namentlich Zorn und Zolger, sowie auch Arndt an vielen
Stellen seiner Schriften vel. z. B. Selbständ. VerordR 241 ff.) behaupten,
auch die Verwaltungsverordnungen brächten Rechtswirkungen hervor,
enthielten also Rechtssätze, so verkennen sie, daß es sich dabei doch nur
um Rechtswirkungen innerhalb der Verwaltung, nicht um solche gegen-
über den Untertanen, um rechtssatzmäßige Wirkungen handelt.
Rechtswirkung und rechtssatzmäßige Wirkung ist nicht dasselbe. (Vgl. hier-
über auch Anschütz, Gegenwärtige Theorien 62—102). — Die mehrfach an-
gezogenen Abhandlungen von Hubrich erbringen den Nachweis, daß die in
er Wissenschaft herrschende Unterscheidung von Rechts- und Verwaltungs-
verordüungen auch vom Reichsgericht und von dem preußischen ÖOber-
verwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannt wird. Die ent-
gegenstehen e Ansicht Arndts (vgl. Hubrich, a. a. O. 773 und Reichsgericht
ff.) ist hierdurch widerlegt. Gegen Arndts Versuch, die Judikatur des
Reichsgerichts für seine Theorie zu verwerten vgl. auch OÖ. Mayer im
10 A 18 97, Vierhaus im VerwArch 12 262, Delius in der DJZ
G. Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht. II. 7. Aufl. 43