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b) die Religionsgesellschaften. Von diesen sind von
besonderer Bedeutung diejenigen, welche auf christlicher Grundlage
beruhen. Sie heißen Kirchen, ihr Recht Kirchenrecht;
3. das Recht, welches die Beziehungen der menschlichen Ge-
meinwesen zueinander regelt. Soweit diese Beziehungen
rein vermögensrechtlicher Natur sind, unterscheiden sie sich
in nichts von den Rechtsbeziehungen der einzelnen Privatpersonen
und gehören daher dem Privatrecht an. Die Beziehungen der
Religionsgesellschaften zueinander sind fast rein negativer
Art, so daß sie zur Ausbildung einer besonderen Rechtsdisziplin
keine Veranlassung gegeben haben. Von großer Bedeutung sind
dagegen die nicht durch eine höhere Gewalt, sondern durch Ge-
wohnheitsrecht und Verträge geregelten Beziehungen der oberen
politischenGemeinwesen (Staaten und Staatenverbindungen)
zueinander; sie bilden den Gegenstand des Völkerrechtesb.
Zum Staatsrecht im weiteren Sinne gehören auch diejenigen
Rechtsdisziplinen, welche Normen für die Ausübung der Rechts-
pflege und Verwaltung enthalten: Zivilprozeßrecht, Strafrecht,
Strafprozeßrecht und Verwaltungsrecht. Aber diese Disziplinen
werden nicht bloß vom Staatsgedanken, sondern auch von Grund-
sätzen beherrscht, welche den speziellen Zwecken, denen sie dienen,
entnommen sind. Sie haben sıch daher zu eigenen Wissenschafts-
gebieten ausgebildet. Der nach Ausscheidung dieser Disziplinen
noch übrigbleibende Teil des Staatsrechtes wird als
Staatsrecht im engeren Sinne oder Verfassungsrecht
bezeichnet; dieses behandelt die allgemeinen Rechtsgrundsätze über
Organisation und Ausübung der staatlichen Herrschaft. Das Staats-
recht nimmt daher auch die Hauptgrundsätze der eben erwähnten
Disziplinen in sich auf; es erörtert, welche Organe für Rechts-
pflege und Verwaltung bestehen, nach welchen Richtungen hin
und innerhalb welcher Schranken diese eine Tätigkeit zu ent-
wickeln haben. Unter dem Ausdruck öffentliches Recht
werden alle Rechtsdisziplinen mit Ausnahme des Privatrechtes,
also Staatsrecht im weiteren Sinne, Kirchen- und Völkerrecht zu-
saımmengefaßt. |
Früher wurde oft das sogenannte Privatfürstenrecht,
d. h. das Familien- und Erbrecht des hohen Adels, als eine be-
sondere Rechtsdisziplin behandelt. Dasselbe ist aber in der Tat
nur ein Teil des Familien- und Erbrechtes überhaupt, also des
Privatrechtes. Jedoch äußert es Wirkungen auf staatsrechtliche
mann, Die Steuer und das öffentliche Interesse 285 ff., Ann.D.R, (1886) 413 £f.,
sondern auf der Verschiedenheit der Subjekte (Bierling, Kritik 2 221 ff.;
Leuthold, Öffentliches Interesse und öffentliche K age, Ann.D.R. (1884) 346,
9855; Rosin, SchmollersJ. 8 958).
b Über das Verhältnis des Völkerrechts zum Recht der einzelnen
Staaten vgl. das bahnbrechende Buch von Triepel, Völkerrecht und Landes-
recht (1899).
c Über die Gliederung des öffentlicheu Rechts: Jellinek, Staatsl. 383 ff.