Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. 8 166. 713 
Bei der ersten Klasse von Gesetzen erschien als Hauptfaktor 
der Gesetzgebung der Kaiser, welcher die Staatsgewalt in Elsaß- 
Lothringen ausübt. Die Sanktion des Kaisers verlieh der be- 
treffenden Norm die Eigenschaft als Gesetz. Bundesrat und 
Landesausschuß waren beschränkende Elemente, an deren Mit- 
wirkung der Kaiser bei der Ausübung seiner gesetzgeberischen Be- 
fugnisse gebunden war. Bei der zweiten Klasse von Gesetzen 
war dagegen die Stellung des Kaisers genau dieselbe, welche er 
überhaupt in der Reichsgesetzgebung einnimmt*. Der Landes- 
ausschuß hatte das Recht der Initiative® und das Recht der 
Amendierung. Die vom Kaiser mit Zustimmung des Bundes- 
rates und Landesausschusses erlassenen Landesgesetze wurden im 
Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen, die im gemeingiültigen 
Wege der Reichsgesetzgebung erlassenen Landesgesetze im RGBl 
verkündigt®. 
[Das Verfassungsgesetz vom 31. Mai 1911& hat den Landes- 
ausschuß durch einen aus zwei Kammern bestehenden Landtag 
ersetzt, es hat ferner die Möglichkeit, Landesgesetze für Elsaß- 
Lothringen im gemeingültigen Wege der Reichsgesetzgebung zu 
erlassen, beseitigt und dadurch die Faktoren dieser Gesetzgebung, 
Bundesrat und Reichstag für das Reichsland ausgeschaltet. Landes- 
gesetze für Elsaß-Lothringen können nunmehr nur noch auf dem 
im Verfassungsgesetz, $$ 5, 16, geregelten Wege zustande ge- 
bracht werden. Dieser Weg ist dem Gesetzgebungsverfahren in 
den Einzelstaatenb genau nachgebildet, so zwar, daß dem Kaiser 
die Rechte des Monarchen übertragen sind. Demgemäß steht dem 
Kaiser die Initiative (das Recht des Gesetzvorschlags) in Kon- 
kurrenz mit den beiden Kammern des Landtags, die Feststellung 
des Gesetzesinhaltes zusammen mit dem Landtage, die Sanktion, 
Ausfertigung und Verkündigung der Gesetze allein zu. 
Sowohl der Kaiser, wie jede der beiden Kammern, hat das 
Recht, Gesetze vorzuschlagen. @Gesetzvorschläge, welche durch 
einen der drei Faktoren verworfen worden sind, können in der- 
selben Sitzungsperiode des Landtags nicht wieder vorgebracht 
werdene,. Der Kaiser („die Landesregierung“) hat die Wahl, 
welcher der beiden Kammern er einen Gesetzentwurf zuerst vor- 
legen will. Doch müssen die Entwürfe über die Feststellung des 
jährlichen Landeshaushaltsetats zuerst der Zweiten Kammer vor- 
1877; RG, betr. die Yerfasung und die Verwaltung Elsaß-Lothringens, vom 
4. Juli 1879 8 21. ve, oben 543, 544, 
* Vgl. 8 163 S. 682. 
6 RG vom 4. Juli 1879 $ 21. 
6 G, betr. die Verkündung der Gesetze und Verordnungen, vom 8. Juli 
1871; RG, betr. die Verfassung und Verwaltung Elsaß-Lothringens, vom 
4. Juli 1879 $ 22. 
s Oben 544. 
b Oben $ 158. 
e VG vom 31. Mai 1911 $ 16.
	        
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