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gelegt werden; der Ersten Kammer steht hinsichtlich dieser Ent-
würfe nicht das Amendierungsrecht, sondern nur die Befugnis zu,
sie im ganzen anzunehmen oder abzulehnen. Die Zweite Kammer
kann die Ausgabeposten des Etatsentwurfs nicht erhöhen, noch
Ausgabeposten, die im Etat nicht vorgesehen sind, einsetzen d,
Sanktion und Ausfertigung fließen, wie im Verfahren der einzel-
staatlichen Gesetzgebung, in einen Akt zusammen, sind jedoch
staatsrechtlich wie dort so auch hier wohl zu unterscheidene. Eine
Frist, binnen welcher die Sanktion (Ausfertigung) vorzunehmen
ist, der Art, daß sie nach Ablauf derselben als verweigert gilt,
besteht in Elsaß Lothringen so wenig wie in den meisten Einzel-
staaten und dem Reichef, Die Verkündung der elsaß-lothrin-
gischen Landesgesetze erfolgt wie bisher (vgl. oben) im (esetz-
blatt für Elsaß-Lothringeng. Diese Gesetze treten, soweit nicht
in dem Gesetze selbst ein anderer Anfangstermin bestimmt ist, mit
dem vierzehnten Tage nach Ablauf desjenigen Tages in Kraft, an
welchem das betreffende Stück des Gesetzblattes in Straßburg aus-
gegeben worden ist&.]
2. Der Erlaß von Verordnungen, welche Rechts-
vorschriften enthalten, kann auch in Elsaß- Lothringen nur auf
Grund einer gesetzlichen Ermächtigung stattfinden. Das Recht,
Ausführungsverordnungen zu den Landesgesetzen zu erlassen, hat
der Kaiser”, Die Befugnis zum Erlaß von Polizeiverordnungen
steht dem Kaiser, den Bezirkspräsidenten und den Bürgermeistern
zu®. [Der Kaiser kann, während der Landtag nicht versammelt
ist, Verordnungen mit Gesetzeskraft (Notverordnungen, vgl. oben
2 161) erlassen, wenn die Aufrechterhaltung der öffentlichen
icherheit oder die Beseitigung eines ungewöhnlichen Notstandes
es dringend erfordertb. Die Verordnungen dürfen nichts be-
4 VG 85 Abs. 93,
e Vgl. oben $ 158 S. 665. Das Verfassungsgesetz unterscheidet, wenn-
leich es das Wort „Sanktion“ nicht kennt, die beiden Akte sehr deutlich.
55 Abs.1 das. heißt es: „Landesgesetze für Elsaß-Lothringen werden
vom Kaiser mit Zustimmung des... andtags erlassen“; Abs. 2 fährt
dann fort: „Der Kaiser fertigt die Gesetze aus und ordnet ihre Ver-
kündung an.“ „Erlaß“ und „Ausfertigung“ des Gesetzes sind also hiernach
verschiedene Dinge. „Erlaß“ ist, was der Sprachgebrauch der Wissenschaft
„Sanktion“ nennt. Vgl Laband, StR 2 261.
f Oben $ 158 S. 663, $ 163 S. 686 ff.
s 5 vom $. Juli 1871 $ 2, RG vom 4, Juli 1879 $ 22, VG $ 5 Abs. 2
atz 2.
? Laband (4. Aufl) 2 259 (mit Bezugnahme auf S8 Abs, 1 des RG vom
9. Juni 1871), 5. Aufl. 2 265; Leoni, Öffentliches Recht 1 165; Fischbach,
Das Öffentliche Recht des Reichslandes E.-L. 141 (mit Bezugnahme auf die
frühere Gesetzgebung).
8 Für die Befugnisse des Kaisers und der Bezirkspräsidenten ist die
frühere französische Gesetzgebung maßgebend, für die der Bürgermeister
jetzt die GemeindeO vom 6. Juni 1895 $16. Vgl. Leoni und Mandel, ÖtiR 2 105 ff;
ischbach, a. a. O. 141; Bruck, Verfassungs- u. Verwaltungsr. des Reichs-
landes E.-L. 1 240.
h VG $ 23 Abs. 1.