718 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 168.
Bundesrat ruhte. Als Schranke für dieselbe bestand nur die
Reichsverfassung und die Notwendigkeit der Zustimmung des
Reichstages bei der Aufnahme von Anleihen und Übernahme
von Garantieen zu Lasten des Reiches. Dagegen waren Bundes-
rat und Kaiser nicht gehindert, bei der Einführung von ein-
fachen Reichsgesetzen Abänderungen an denselben vorzunehmen.
In der Zeit von Einführung der Verfassung bis zum Erlaß
des Gesetzes vom 2. Mai 1877 (vgl. oben 543) lag ebenfalls die
Möglichkeit einer Kollision nicht vor, da für die gesetzgebenden
Organe des Reiches die Reichsgesetze keine Schranken bildeten.
Anders gestalteten sich diese Verhältnisse seit dem Inkraft-
treten des Gesetzes vom 2. Mai 1877. Die durch dieses Gesetz
(vgl. oben 543f.) eingeführte Form der Landesgesetzgebung war
auf den Gebieten der Reichskompetenz nur unter den-
selben Voraussetzungen zulässig, wie die Staatsgesetzgebung der
Einzelstaaten, also auf den Gebieten der ausschließlichen
Reichskompetenz gar nicht, auf denen der konkurrierenden
Kompetenz innerhalb der Schranken der Reichsgesetze. Aber
auch auf dem Gebiete der Landeskompetenz war sie der
Reichsgesetzgebung untergeordnet. Diejenigen Gesetze,
welche kraft des in dem Gesetze vom 2. Mai 1877, $ 2, ent-
haltenen Vorbehaltes im Wege der Reichsgesetzgebung erlassen
wurden, gingen den vom Kaiser mit Zustimmung des Bundes-
rates und Landesausschusses erlassenen Gesetzen vor und konnten
nur im Wege der Reichsgesetzgebung abgeändert werden. Es
bestand also zwischen diesen beiden Arten der Gesetzgebung
ein analoges Verhältnis, wie es zwischen Reichs- und Staatsgesetz-
gebung auf den Gebieten der konkurrierenden Reichs- und Staats-
kompetenz gilt.
Die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 2. Mai 1877 in
Elsaß Lothringen erlassenen Gesetze unterlagen der Abänderung
in den Formen der Landesgesetzgebung, sofern sie Landesgesetze
im materiellen Sinne waren, d.h. innerhalb der Landeskompetenz
lagen und lediglich für Elsaß-Lothringen Gültigkeit besaßen.
[Durch das Verfassungsgesetz vom 81. Mai 1911 ist der
Weg der gemeingültigen Reichsgesetzgebung in elsaß - lothringi-
schen Landesangelegenheiten ausgeschlossen und es reicht dem-
nach die Zuständigkeit der reichsländischen Landeslegislative
(Kaiser im verfassungsmäßigen Zusammenwirken mit dem Land-
tag) jetzt ebensoweit wie die der gesetzgebenden Gewalt der
Einzelstaaten. Ausgenommen hiervon ist allein die Verfassung
des Reichslandes, soweit sie in dem Verfassungsgesetz vom
31. Mai 1911 geregelt ist, denn dieses Gesetz gilt, wie erwähnt
(oben 8138 S.545 und $ 166 Anm.i) als Reichsgesetz und kann
infolgedessen nur durch Reichsgesetz abgeändert werden. & 2
Abs. 2 des Gesetzes vom 2, Mai 1877 ist aufgehoben. Es
können jetzt also nicht nur die von dem Inkrafttreten des
Gesetzes vom 2. Mai 1877 sondern auch die später in Landes-