Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

720 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 169. 
befindet (Österreicher, Schweizer, Luxemburger)*. Weil das 
Deutsche Reich aber in den Schutzgebieten keine persönliche, 
sondern eine territoriale Herrschaft ausübt, so wurde dem Kaiser 
vorbehalten, die Bestimmungen des Konsulargerichtsbarkeits- 
gesetzes auch auf andere Personen auszudehnen®. Eine solche 
Ausdehnung hat für das Neu-Guineagebiet nebst den Salomon- 
inseln, die Marschall-, Brown- und Providenceinseln, das Kamerun- 
und Togogebiet in der Art stattgefunden, daß dasselbe auf alle 
Personen Anwendung fand, welche daselbst wohnen oder sich auf- 
halten, mit Ausnahme der Eingeborenen; die Regelung der Rechts- 
verhältnisse der Eingeborenen war demnach hier der kaiserlichen 
Verordnungsgewalt vorbehalten®. In Ostafrika unterlagen auch 
die Eingeborenen zum Teil der nach Maßgabe des Konsular- 
gerichtsbarkeitsgesetzes auszuübenden Gerichtsbarkeit”. In Kiaut- 
schou galt das Konsulargerichtsbarkeitsgesetz für alle daselbst 
wohnhaften oder sich aufhaltenden Personen, für die Chinesen 
jedoch nur soweit sie der nach Maßgabe desselben auszuübenden 
Gerichtsbarkeit unterstellt werden. Die darauf bezüglichen Be- 
stimmungen traf der Gouverneur. Dieser konnte auch Angehörige 
farbiger Volksstämme von der Gerichtsbarkeit ausschließen, 
Durch die vorstehend bezeichneten Verordnungen wurde die 
terrıtoriale Geltung und Herrschaft der deutschen (Gesetz- 
gebung und Gerichtsbarkeit in den Schutzgebieten, wenn auch 
noch nicht durchgeführt, so doch angebahnt, derart, daß beides, 
Gesetzgebung wie Justiz, regelmäßig alle Personen, Sachen, Rechts- 
verhältnisse innerhalb der Schutzgebiete erfaßte und nur die ein- 
geborene Bevölkerung davon ausgenommen blieb. Den Abschinß 
dieser Entwicklung vollzog das Schutzgebietsgesetz vom 25. Juli 
bzw. 10. September 1900 (vgl. oben $ 69a S. 213 N. 13), 
dessen 88 2 bis 4 und 7 mit dem konsularrechtlichen Personalitäts- 
prinzip nicht nur tatsächlich, sondern grundsätzlich brechen und 
statt dessen das Territorialprinzip einführen, mit der Maßgabe, 
daß die Eingeborenen der durch Nas Sch@GG geregelten Gerichts- 
barkeit und dem von dieser Gerichtsbarkeit anzuwendenden 
deutschen Recht nur insoweit unterliegen sollen, als dies durch 
kaiserliche Verordnung bestimmt wird (SchGG $ 4.) Die Nicht- 
anwendbarkeit des deutschen Privat-, Straf- und Prozeßrechts auf 
die Eingeborenen ist mithin jetzt nicht mehr, wie ehedem, Folge, 
sondern Modifikation des Prinzips, während eine solche Modifika- 
tion zugunsten der in den Schutzgebieten wohnenden bezw. sich 
« KGG vom 10. Juli 1879, N 1. 
5 Älteres SchGG vom 15. März 1888 $ 38 Nr 1. 
6 V. vom 5. Juni 1886 $ 2, V. vom 13. Sept. 1886 $ 2, V. vom 2. Juli 
1888 82. Über den Begriff der ingeborenen vgl. Georg Meyer, Staatsrechtliche 
Stellung der deutschen Schutzgebiete 176 ff. 
ı Nämlich insoweit, als sie nach der bisherigen Übung der Gerichts- 
barkeit des Reichskommissars unterstellt waren v . vom 1. Jan. 1891 $ 2). 
s V, 27. April 1898 $ 2.
	        
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