Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. 8 171. 727 
4. die zur Kompetenz .der Konsuln gehörenden Streitsachen ®; 
5. Rechtsstreitigkeiten über Schadenersatz infolge des Betriebs 
von Eisenbahnen, Bergwerken usw.°; 
6. vermögensrechtliche Ansprüche der Reichsbeamten gegen 
den Reichsfiskus und vermögensrechtliche Ansprüche gegen Reichs- 
beamte wegen Defekte und pflichtwidrigen Verhaltens im Amteo*®; 
7. Reichsstreitigkeiten über Ansprüche aus Bergung im Falle 
der Seenot?; 
8. bürgerliche Rechtsstreitigkeiten auf Grund des Reichspatent- 
gesetzes®. — Außerdem war das Reichsoberhandelsgericht Be- 
rufungsinstanz für Entscheidungen des Reichspatentamtes über 
Nichtigkeitserklärungen und Zurtüicknahme von Patenten ?, 
- Nach der Vereinigung‘ Elsaß-Lothringens mit dem Deutschen 
Reiche fungierte das Reichsoberhandelsgericht auch als oberster 
Gerichtshof (Kassationshof) für das Reichsland !, 
Endlich war dem Reiche die Jurisdiktion über die gegen das- 
selbe gerichtete Verbrechen des Hoch- und Landesverrates über- 
tragen und für die Ausübung derselben das Ober-Appellations- 
gericht zu Lübeck bestimmt!!. Da aber das durch Av Art. 75 
in Aussicht gestellte Reichsgesetz über die Zuständigkeit und das 
Verfahren des Ober-Appellationsgerichtes niemals erlassen ist, so 
hat die Vorschrift keine praktische Geltung erlangt; [sie wurde 
überholt und aufgehoben durch RGVG $ 136 Nr. 1 (Zuständig- 
keit des Reichsgerichts, s. unten)]. Ä 
Die Abgrenzung der richterlichen Befugnisse zwischen Reich 
und Einzelstaaten hat mit der Einführung der Reichsjustizgesetze, 
also mit dem 1. Oktober 1879 eine wesentliche Umgestaltung er- 
fahren. Seit dieser Zeit ist eine viel umfassendere Tätigkeit des 
Reiches auf dem Gebiete der Justiz eingetreten. 
I. Die jetzt maßgebenden Vorschriften über die Verteilung 
der richterlichen Befugnisse beruhen auf dem Reichsgerichtsver- 
fassungsgesetz vom 27. Januar 1877 in der Fassung der Bekannt- 
machung des Reichskanzlers vom 20. Mai 1898 und der Gesetze 
vom 20. März und 1. Juni 1905, 1. Juni 1909 und 22, Mai 1910. 
1. Als ordentliche Gerichte bestehen im Deutschen 
Reiche Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte und das 
Reichsgericht mit den im Anschluß an diese Gerichte gebildeten 
Schöffengerichtten, Kammern für Handelssachen und Schwur- 
gerichten. Die Kompetenz der ordentlichen Gerichte erstreckt 
* Q., betr. die Einführung norddeutscher Gesetze in Bayern, vom 
22. April 1871 8 8. , 
RG, betr. die Verbindlichkeit zum Schadenersatz usw. vom 7. Juni 1871, 
e RBG vom 31. März 1873 88 152 u. 154. 
, 7 Strandungsordnung vom 17. Mai 1874 8 44. 
8 RPatentgesetz vom 25. Mai 1877 8 37. 
® RPatentgesetz $ 32. 
10 RG, betr. die Bestellung des Bundesoberhandelsgerichtes zum obersten 
Gerichtshof für Elisaß-Lothringen, vom 14. Juni 1871. 
11 RVerf Art. 75.
	        
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