Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Zeit des alten deutschen Reiches, $ 19. 63 
König oder einer Privatperson, das zu Diensten ehrenvoller Art, 
namentlich Kriegsdienst, verpflichtete. Zur Ausbildung der Vasalli- 
tät hat namentlich das in den Kriegen mit den Arabern hervor- 
tretende Bedürfnis nach berittenen Streitkräften Veranlassung ge- 
geben. Aus der Verschmelzung von Beneficium und Vasallität 
ging das Lehnsverhältnis hervor?. — Die großen Grund- 
besitzer erhielten allmählich eine Reihe von öffentlichen Befug- 
nissen zur selbständigen Ausübung. Um die alte fränkische 
Heeresverfassung, welche auf der Dienstpflicht aller Freien beruhte, 
aufrechtzuerhalten, übertrugen die Karolinger den Grundherren 
das Aufgebot über die auf ihrem Lande angesiedelten Leute, also 
einen Teil der Grafenrechte. So entstand das Seniorat. Dazu 
kam die Immunität®. Diese gewährte dem Grundbesitzer zu- 
nächst nur eine Exemtion von gewissen Amtsbefugnissen der 
königlichen Beamten, namentlich des Grafen. Die weitere Ent- 
wicklung führte aber dahin; daß der Grundherr die Gerichtsbar- 
keit über seinen Immunitätsbezirk erhielt. — Die lehnsweise 
Übertragung dehnte sich von den Grundbesitzungen auf die 
Ämter aus, so daß auch Grafschaftsrechte dem einzelnen in der 
Form des Lehns überlassen wurden. Es entstand die Erblichkeit 
der Lehen und der Amter, namentlich der Grafenämter, welche 
dadurch den Charakter des Amtes verloren und zu einer patri- 
monialen Herrschaft wurden. Auch kamen häufig Über- 
tragungen mehrerer Grafschaften an weltliche oder geist- 
liche Große vor. 
So wurde die gleichmäßige Einteilung des Reiches in Graf- 
schaften durchbrochen, der Unterschied zwischen Grafschaften und 
Immunitäten verschwand und es bildeten sich neue Bezirke, 
® Über die Entstehung des Lehnswesens sind namentlich zu vergleichen: 
P. Roth, Geschichte des Benefizialwesens, Erlangen 1850; Feudalität und 
Untertanenverband, Weimar 1863. Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte 
21 290 fi, 4 176 ff. Derselbe, Die Anfänge der Vasallität, Abhandl. d. Königl. 
Ges. d. Wissenschaften in Göttingen, Histor.-phil. Klasse 7 69 ff. (auch ın 
besonderem Abdruck, Göttingen 1856). Derselbe, Die Anfänge des Lehns- 
wesens, in v. Sybels Histor. Z. 1 90ff. G. Kaufmann, Die Entstehung der 
Vasallität eine Folge wirtschaftlicher Veränderungen, Jahrb. f. National- 
ökonomie u, Statistik 23 105 ff. V. Ehrenberp, Kommendation und Huldigun 
nach fränkischem Rechte, Weimar 1877. H. Brunner, Der Reiterdienst un 
die Anfänge des Lehnswesens, Z.R.G.(G.) 8 1ff. Derselbe, Die Land- 
schenkungen der Merovinger und Agilolfinger, Forschungen zur Gesch. des 
deutschen und franzdös. Rechts 189 1 ff. 
® Waitz, Verfassungsgeschichte 2 396. ff., 4ı 288ff. G. L. v. Maurer, 
Geschichte der Fronhöfe, Bauernhöfe und der Hofverfassung in Deutsch- 
land (Erlangen 1862) 1 282 ff. Gierke, Genossenschaftsrecht 1 130 ff. Sohm, 
Altdeutsche Reichs- und Gerichtsverfassung (Weimar 1871) 1 349 ff. v. Beth- 
mann Hollweg, Der Zivilprozeß des gemeinen Rechts (Bonn 1873) 5 & 77. 
Sickel, Beiträge zur Diplomatik IU_V. Sitzungsberichte d. kais. Akad. d. 
Wissenschaften zu Wien, Philos.-histor. Klasse 47 175 ff., 565 ff.; 49 311 ff. 
A. Heusler, Der Ursprung der deutschen Städteverfassung 15 ff. (Weimar 1872). 
G. Meyer, Z.R.G.(G.) 8 104 ff. Brunner, R.Gesch. 2 287 ff., Grundzüge 74 ff. 
E. Stengel, Die Immunität in Deutschland 1 (1910).
	        
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