Die Funktionen. 8 173. 137
steller dem Richter nur das Recht zusprach, zu untersuchen, ob
die formellen Erfordernisse der Publikation erfüllt seien *, behauptet
die Mehrzahl derselben und ein Teil der neueren, daß er auch
das verfassungsmäßige Zustandekommen der Gesetze und die
materielle Gesetzmäßigkeit der Verordnungen zu prüfen habe®.
wenn das verfassungsmäßige Zustandekommen des Gesetzes authentisch
durch den Clerk des Parlaments bezeugt ist“. Danach sei die Stellung des
Richters zum Gesetz nicht wesentlich verschieden von derjenigen, die Laband,
Staatsr. 2 44 ff. dem deutschen Richter anweise, In den kontinentalen Ver-
fassungen war die Frage meist nicht ausdrücklich entschieden. Doch legten
sich die französischen Gerichte, namentlich seit der Julirevolution, die Be-
fugnis bei, über die Rechtsgültigkeit königlicher Verordnungen zu urteilen
(vgl. K.S. Zachariä, Archiv für zivilistische Praxis 16 155 ff.; H. Bischof,
tschrift für Zivilrecht und Prozeß, neue Folge, 16 291 ff. Ein Recht der
Gerichte, Gesetze auf ihre Gültigkeit zu prüfen, ist in Frankreich nicht an-
erkannt; vgl. E. v. Meier, Franz. Einflüsse 1 146 ff. Die belgische Ver-
fassung Art. 107 spricht den Gerichten ein Prüfungsrecht gegenüber Ver-
ordnungen (nicht Gesetzen) zu). |
* Linde, Archiv für zivil. Praxis 16 305 5 Stahl, Philosophie des
Rechtes 2 Abt. 2 $ 180; zöptl 2 gl 8. 576 ff.; Held 2 $ 254 8. 95 ff.;
H. Bischof, Zeitschrift für Zivilrecht und Prozeß. N. F. 16 235 ff., 385 ff.,
17 104 ff, 253 ff., 448 ff,; 18 129 ff., 302 fi, 393 f., Böhlau, Mecklenburgisches
Landrecht 1 $ 50; Ulmann, Zur Frage des richterlichen Prüfungsrechtes hin-
sichtlich der inneren Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Verordnungen,
Zeitschrift für Staatswissenschaft 24 333 ff. Vgl. Schack a. a. O. 89 ff., 156 ff.
®”K,S. Zachariä, Archiv für zivil. Praxis 16 142ff.; Wächter, Hand-
buch des im Königreich Württemberg geltenden Privatrechtes 2 N T;
H. A, Zachariä 2 $ 175 8. 243 ff.; v. Gerber $ 49 8. 161; Poezl $ 161 N. 5;
Puchta, Pandekten $ 15; Windscheid, Lehrbuch der Pandekten 1 $ 14;
Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechtes 1 $ 18; Beseler, System des
gemeinen deutschen Privatrechtes 1 $ 19; Vollert, Zeitschrift für die 08 -
samte Staatswissenschaft 10 586 ff.; P. v. Roth, Deutsches Privatrecht 1 271;
E. Meier, Art. „Prüfungsrecht“ in v. Holtzendorffs Rechtslexikon 8 225 ff.;
H. Schulze, Preußisches Staatsrecht 2 48 ff, Lehrbuch des deutschen Staats-
rechtes 1 562 ff.: Rosin, Polizeiverordnungsrecht in Preußen 283 ff.; v. Sar-
wey, Württembergisches Staatsrecht 2 99 ff.; Göz, Württemb. StR 215;
Wielandt, Badisches StR 171 (anders Walz, Bad. StR 220); Arndt, Verord-
nungsrecht des Deutschen Reiches 9. 215 ff. [anders aber: Komm, z. Preuß.
VU, zu Art. 106 Anm. 10. Unentschieden äußert sich Arndt über die Frage
des Prüfungsrechts in seinem 'Reichsstaatsrecht, 185]: Gierke in Schmollers
Jahrbuch 7 1187, Deutsch. PrivR 1 136; Brie im ArchÖffR 4 53 ff.; Franken,
Deutsches Privatrecht 39; Gneist, Gutachten für den vierten deutschen
Juristentag (Verh. 1 212 ff.); v. Roenne, Preuß. StR 4. Anfl. 1 407 ff. (anders
Zorn in der 5. Aufl. 8 59 #); G. Meyer in der Voraufl. 692; Schoen im
Handb. d. Politik 1 292; Kahn in den AnnDR 1907 481 ff., 603 fl. In dem.
selben Sinne hat sich der deutsche Juristentag bei seiner dritten (Verh. 2 62)
und vierten Versammlung (Verh. 2 68) ausgesprochen. Gegen die Beschlüsse
desselben richtet sich die Schrift von Martin. Der Umfang des landesrichter-
lichen Prüfungsrechtes hinsichtlich des Entstehens gültiger Gesetze und
Verordnungen in den konstitutionellen deutschen Bundesstaaten, 1865. Eine
Widerlegung derselben enthält G. Planck, Die verbindliche Kraft der auf
nicht verfassungsmäßigem Wege entstandenen Gesetze und Verordnungen,
Jahrb. für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechtes
9 288 ff. — Eine Kritik der älteren Literatur über den Gegenstand geben:
E. v. Stockmar, Zeitschrift für Zivilrecht und Prozeß, N. F. 10 18ff., 213 ff.,
Kahn in AnnDR 1907 481 ff. Auch die neuere und neueste Literatur ist
ausführlich besprochen bei Schack a. a. O. 135 ff.