746 Zweiter Teil. Drittes Buch, 8 175.
gestellten Richtern, als das Recht der Beiordnung von Hilfsrichtern
in außerordentlichen Fällen und der Ernennung von Stellvertretern
bei Verhinderung der ordentlichen Richter. Für die Ausübung
der ersten Funktion sind die Vorschriften über die Anstellung
richterlicher Beamten maßgebend, innerhalb der durch diese ge-
zogenen Schranken entscheidet das freie Ermessen des zur An-
stellung berechtigten Organes®,. Die Befugnisse zur Anordnung
von Stellvertretung und Bestellung von Hilfsrichtern sind durch
die Reichsjustizgesetzgebung weitgehend beschränkt, für das Reichs-
gericht völlig ausgeschlossen worden #,
2. Die Aufsicht über die Gerichte.‘ Die Organe der
Justizverwaltung haben das Recht, von den Gerichten Berichte
über ihre Tätigkeit einzufordern, Besichtigungen derselben vor-
zunehmen und Justizverweigerungen oder Justizverzögerungen ab-
zuhelfen. Sie können kraft der zuletzt erwähnten Befugnis ein
Gericht zur Ausübung seiner Tätigkeit anhalten, wenn dasselbe
gegenüber dem Anbringen einer Partei sich völlig untätig verhält.
Dagegen ist ein Einschreiten derselben ausgeschlossen, und nur
die Beschwerde an das höhere Gericht zulässig, wenn ein Gericht
eine abweisende Entscheidung erlassen hat. Denn jede Beurteilung
einer derartigen Entscheidung würde einen Eingriff in die Funk-
tionen der Rechtsprechung enthalten.
3. Eine ziemlich weitgehende Einwirkung steht der Justiz-
verwaltung auf die Einleitung eines Strafverfahrens zu.
Mit der Einführung des Anklageprozesses in Deutschland hat auch
das Institut der Staatsanwaltschaft Eingang gefunden, Die
Staatsanwaltschaft übt ausschließlich die Funktionen des Anklägers
im Strafprozeß aus und ist in der Ausübung ihrer Befugnisse der
Dienstgewalt des Justizministers unterworfen Dieser Grundsatz
hat auch durch die Reichsjustizgesetzgebung Bestätigung gefunden,
welche dem Reichskanzler das Recht der Aufsicht und Leitung
hinsichtlich der Reichsanwaltschaft, der Landesjustizverwaltung
hinsichtlich aller staatsanwaltlichen Beamten des betreffenden
Bundesstaates zuweist®. Dagegen sind die weitergehenden Funk-
tionen, welche der Staatsanwaltschaft nach Muster des französischen
ministere public in einigen Staaten eingeräumt waren, durch die
Reichsgesetzgebung beseitigt worden. Namentlich darf den Be-
amten der Staatsanwaltschaft eine Dienstaufsicht über die Richter
nicht übertragen werden®. Im Zivilprozeß steht derselben nur
in Ehesachen und Entmündigungssachen eine Mitwirkung zu”.
Auch die Befugnis der Staatsanwaltschaft zur ausschließlichen Er-
hebung der Anklage ist gemildert, indem dem Verletzten gegen
den ablehnenden Beschluß derselben der Antrag auf gerichtliche
Entscheidung zusteht®.
3 Vgl. $ 145 8. 584.
“ Vgl 8 172 8. 736.
5» RGVG 8 148.
s RGVG $152. TRZPrO 88 607, 632, 646, 652. * RStPrO 3$ 170-173.