Die Zeit des alten deutschen Reiches. $ 19. 65
Konstitutionen Friedrichs DI. von 1220 und 12325, Neben den
Fürsten gab es noch Territorialberren, welche dem Stande der
freien Herren angehörten; [diese hatten ihr Territorium nicht
notwendig vom Könige; sie konnten auch Allodialherren oder
Vasallen von Fürsten sein und besaßen weitgehende Gerichtsherr-
lichkeit, jedoch keine volle Landeshobeit]. Im Laufe der Zeit
stiegen sie aber zum Reichsfürstenstande empor oder sanken zur
Ritterschaft hinab. Außerdem erhielten sich zunächst noch ein-
zelne unmittelbare Reichslande, welche unter der Ver-
waltung königlicher Beamten standen. Allmählich verschwanden
jedoch auch diese, indem sie entweder an benachbarte Landes-
erren verkauft oder verpfändet und nachher nicht wieder ein-
gelöst wurden oder indem die königlichen Beamten selbst erbliche
und landesherrliche Rechte in denselben erwarben.
Somit war seit dem dreizehnten Jahrhundert die Landes-
hoheit zur Grundlage des Reiches geworden. Während
des Interregnums wußten die Landesherren ihre Macht erheblich
zu erweitern, und diese Entwicklung setzte sich auch fort, nach-
dem das Reich wieder ein Oberhaupt erhalten hatte. Die Ver-
größerung der fürstlichen Territorien durch Erbgang, Heirat, Kauf,
Unterdrückung minder Mächtiger, die korporative Organisation des
fürstlichen Hauses, die Ausbildung des landesherrlichen Beamten-
tums, die Entstehung der Landstände bewirkten, daß das politische
Leben seit dem vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert sich
mehr und mehr in den Territorien konzentrierte. Auch die Könige
fingen an, sich wesentlich als große Landesherren zu fühlen und
legten das Hauptgewicht nicht auf ihre Stellung im Reiche, sondern
auf die Begründung und den Besitz einer Hausmacht. — Als eine
hervorragende Klasse der Fürsten traten die Kurfürsten hervor,
d. h. diejenigen, welchen das Recht der Königswahl zustand.
Nachdem sie selbst durch den Kurverein zu Rense (1338) ihre
Rechte hinsichtlich der Königswahl sichergestellt hatten, erfolgte
eine reichsgesetzliche Anerkennung derselben durch die constitutio
Licet iuris von 1338 und die Goldene Bulle Karls IV. von 1356. Sie
bildeten innerhalb des Reichstages ein von den übrigen Fürsten
abgesondertes Kollegium. Auf sie ging zunächst eine Reihe von
königlichen Regalien, Münzrecht, Bergregal und Zollregal über,
sie erhielten zuerst für ihre Länder privilegia de non evocando
und de non appellando, Begünstigungen, welche später auch auf
die übrigen Fürsten ausgedehnt wurden.
Neben den Fürsten erhob sich ein anderes Element in den
Städten® Während auf dem Lande die Hörigkeit sich mehr
5 Vgl. unten $ 20 S. 69.
* Über die Geschichte der Städteverfassung ist zu vergleichen (reich-
haltige Literaturübersicht bei Schroeder, Deutsche Rechtsgeschichte 632 ft.):
Arnold, Geschichte der deutschen Freistädte, Hamburg und Gotha 1854;
Nitzsch, Ministerialität und Bürgertum im 11. und 12. Jahrhundert, Leipzig
1859; Gierke, Genoss.R. 1 249 ff.; G. L. v. Maurer, Geschichte der Städte-
G. Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht. I. 7, Aufl. 5