Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

17709 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 180. 
den Polizeibehörden die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen 
Wirten und Reisenden über die Preise!?, den Gemeindebehörden 
die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den selbständigen 
Gewerbetreibenden und ihren Arbeitern !®, nach der Reichsseemanns- 
ordnung den Seemannsämtern die Entscheidung von Streitigkeiten 
zwischen Schiffsführer und Schiffsmannschaft !*, 
2. Auf dem Gebiete der Strafrechtspflege stand nach 
älteren landesgesetzlichen Vorschriften den Polizeibehörden viel- 
fach die Befugnis zu, Strafen für geringere Vergehen zu verhängen, 
und den Finanzbehörden die Befugnis, Strafen für Übertretung 
der auf die Erhebung öffentlicher Abgaben bezüglichen Vorschriften 
festzusetzen. Diese Befugnisse wurden aber schon durch die 
Landesgesetzgebung der meisten Staaten dahin eingeschränkt, daß 
die betreffenden Behörden nur das Recht provisorischer Straf- 
festsetzung behielten, gegen ihre Verfügungen daher die Beschreitung 
des Rechtsweges zulässig war. Die Reichsstrafprozeßordnung ge- 
stattet der Landesgesetzgebung, den Polizei- und Finanzbehörden 
auch künftighin derartige Befugnisse einzuräumen, und trifft über 
Umfang und Ausdehnung derselben nähere Bestimmungen. Sie 
enthält aber lediglich eine Ermichtigung für die Landesgesetz- 
gebung. Wo diese von der Ermächtigung keinen Gebrauch ge- 
macht hat, gilt der Grundsatz, daß die betreffenden Strafen nur 
durch die Gerichte ausgesprochen werden dürfen 
Die Straffestsetzungen der Polizeibehörden unterliegen 
nach der Reichsstrafprozeßordnung einer dreifachen Beschränkung’®: 
a) Sie haben einen bloß provisorischen Charakter. Dem davon 
Betroffenen steht binnen einer Woche der Antrag auf gerichtliche 
Entscheidung [oder, sofern die Landesgesetze dieses zulassen, die 
Beschwerde an die höhere Polizeibehörde] zu; b) sie sind nur in 
bezug auf Übertretungen zulässig; c) die Strafen, welche durch 
dieselben verhängt werden dürfen, sind Haft im Höchstbetrage 
von vierzehn Tagen, Geldstrafe oder Haft, welche an deren Stelle 
tritt, und Einziehung verwirkter Gegenstände 18, 
18 RGewO 8 75. 
ss 1 rewO 120a. RG betr. dio Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890 
14 RSeemannsordnung vom 2, Juni 1902, $3 ö, 122 ff. 
15 RStrPrO $$ 453—08, EG S 6. 
16 Landesgesetzlich besteht ein Recht der provisorischen Straffestsetzung 
für Polizeibe..orden in Preußen, (G%., betr. den Erlaß polizeilicher Straf- 
verfügungen wegen Übertretung:n, vom 28, April 1883, G. über Erlaß polizei- 
licher Strafverfügungen wegen Übertretung strom- und schiffahrtspofizeilicher 
Vorschriften auf der Elbe und dem Rhein, vom 26. Juli 1897); Sachsen 
GO: das Verfahren in Verwaltungsstrafsachen betr., vom 8 März 1879); 
ürttemberg (G., betr. Änderungen des Landespolizeistrafgesetzes, vom 
12. August 1879 Art. 9ff., G., betr. Abänderung des Polizeistrafgesetzbuches, 
vom 4 Juli 1898 Art. III); Baden (G., betr. Einführung der Reichsjustiz- 
gesetzc, vom 3. März 18:9 $S3 124 ff.);, Sachsen-Weimar (G. über die 
olizeiliche Straffestsetzung vom 12, April 1879): Sachsen-Meiningen 
Aus z. RStPrO vom Ir. Juni 1879 83 1ff., Abänderungsgesetz vom
	        
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