Die Funktionen. 8 182. 779
waltungsgerichtsbarkeit im ersteren Sinne ist jede streitentscheidende
Tätigkeit in Verwaltungssachen, insbesondere jede Schlichtung von
Streitigkeiten zwischen der Verwaltung und den Untertanen über
die beiderseitigen Rechte und Pflichten, einerlei wer diese streit-
entscheidende Tätigkeit handhabt, also jede, gleichviel von wem
über die Verwaltung ausgeübte Gerichtsbarkeit (zum Beispiel
die Kognition des Zivilrichters über die Stempelpflichtigkeit einer
Urkunde, über die Haftung des Staates wegen Amtspflichtverletzungen
seiner Beamten, über Besoldungs- und Pensionsansprüche der Be-
amten; die Entscheidung des Strafrichters über die Gültigkeit einer
Polizeiverordnung, über die Rechtsmäßigkeit der Amtsgebarung
eines Beamten, dem Widerstand [StGB. $ 113] geleistet worden
ist). In dem anderen Sinne bedeutet Verwaltungsgerichtsbarkeit
so viel wie Gerichtsbarkeit der (d.h. durch die) Verwaltung,
wobei es nicht auf die Beschaffenheit des Streitgegenstandes, sondern
eben nur auf die Eigenschaft des die Gerichtsbarkeit ausübenden Or-
ganes als Verwaltungsorgan ankommt. Verwaltungsgerichtsbarkeit
in diesem Sinne ist zum Beispiel die Entscheidung der höheren
Verwaltungsbehörde über eine gegen die Tätigkeit der ihr nach-
geordneten Stellen eingelegte Beschwerde, aber auch die den
Polizei- und Finanzbehörden zustehende Strafrechtspflege (oben
& 180 8. 770, 771).
Der an die positivrechtliche Gestaltung der Dinge sich an-
lehnende technische Sprachgebrauch deckt sich jedoch weder mit
der einen noch mit der anderen Begriffsbestimmung. Er lehnt
es ab, alle Fälle, in denen über die Verwaltung und ihre Tätigkeit
gerichtet wird, ohne Unterschied des richtenden Organes, etwa
auch dann, wenn letzteres der Zivilrichter ist, als Verwaltungs-
gerichtsbarkeit zu bezeichnen. Er läßt diese Bezeichnung nur
für solche Tätigkeiten zu, welche als Gerichtsbarkeit durch die
Verwaltung erscheinen. Er schließt sich also an die zweite der
oben angegebenen Wortbedeutungen an, ist jedoch enger als diese.
Verwaltungsgerichtsbarkeit im sprachgebräuchlichen Sinne ist die
von der Verwaltung ausgeübte Gerichtsbarkeit, so-
weit die ausübenden Organe den Zwecken dieser im Wesen nicht
administrativen, sondern richterlichen Tätigkeit entsprechend ein-
gerichtet, nach Organisation, Rechtsstellung, Verfahren den ordent-
lichen Gerichten angeglichen sind. Der Grundgedanke der Ver-
waltungsgerichtsbarkeit besteht darin, daß die Verwaltungstätigkeit,.
soweit sie die Entscheidung von Streitigkeiten zum Gegenstande
hat, materiell also Gerichtsbarkeit ist, nicht durch die ordent-
lichen und gewöhnlichen, sondern durch besondere, eigens aufdas
Streitentscheiden eingerichtete (insbesondere kollegial formierte, un-
Die subj. öff. Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrecht-
sprechung (1914); Kommentare zu partikularrechtlichen Verwaltungsgerichts-
gesetzen: zum preuß. LVG von Friedrichs, zum bayer. Verwaltungsgerichts-
etz von Reger-Dyrof ‚ zum sächs. G. über Verwaltungsrechtspflege von
pelt. — Weitere Lit. bei Meyer-Dochow (4. Aufl.) 67.