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riogens!. In diesen Ländern können also die in ihren Gesetzen
bezeichneten Beamtenkategorien aus Anlaß amtlicher Handlungen
gerichtlich nur verfolgt werden, wenn die gesetzlich geregelte Vor-
entscheidung die Frage, ob der Betreffende sich einer Überschreitung
seiner Amtsbefugnisse oder der Unterlassung einer ihm obliegenden
Amtshandlung schuldig gemacht habe, bejaht hat. Die Vorent-
scheidung steht in Preußen, Bayern, Baden, Hessen dem Ober-
verwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtshof), in den beiden Mecklen-
burg (da dort keine Verwaltungsgerichtebarkeit besteht) und in
Elsaß-Lothringen (da man dem dortigen Kaiserlichen Rat — oben
791 — die Eigenschaft als „oberster Verwaltungsgerichtshof* im
Sinne des $ 11 Abs. 2 EGVG. nicht glaubt zuerkennen zu dürfen)
dem Reichsgericht zu. Die Rechtswohltat der Vorentscheidung
kommt nicht nur den Beamten, sondern auch dem Staate zu,
wenn dieser auf Grund der oben $ 149 S. 612 ff. dargestellten
gesetzlichen Bestimmungen an Stelle der Beamten wegen Gewährung
von Schadensersatz in Anspruch genommen wirds,
Die Wirkung der Vorentscheidung besteht, falls die ihr zu-
nde liegende Frage verneint wird, darin, daß der wegen
der Amtspflichtverletzung eingeleitete oder beabsichtigte Prozeß
nicht stattfinden kann, die Klage (Anklage) mithin abzuweisen ist.
In diesem Falle und insoweit ist die Vorentscheidung also für das
Gericht bindend. Wird die Frage durch die Vorentscheidung
bejaht, so nimmt das gerichtliche Verfahren seinen Gang, und
das Gericht ist in der Beurteilung der Fragen, ob eine von den
Beamten zu vertretende Pflichtverletzung vorliegt und welche
Zivil- bzw. strafrechtlichen Folgen die Pflichtverletzung nach sich
zieht, freih,
Klassen von Beamten Anwendung, bei zivilrechtlichen Klagen dagegen nicht
auf Richter und gewisse näher bezeichnete Gruppen der Verwaltungsbeamten,
z. B. Grundbuchbeamte, Standesbeamte usw. Auch die durch das Bad.
AusfG. vom 17. Juni 1899, Art. 5 Abs. 1 zugelassene „Verfolgung des
Staates“ aus Anlaß der Pflichtverletzung eines Beamten ist, soweit Ver-
waltungsbeamte in Frage kommen und ein dahingehendes Verlangen von
dem zuständigen Ministerium gestellt wird, von der Vorentscheidung des
Verwaltungsgerichtshofes abhängig: a. a. 0.8 5 Abs. 2, 9.
d AusfG@. z. BGB vom 17. Juli 1899, Art. 77. Danach können Beamte
wegen Amtsverletzung straf- oder zivilrechtlich nur verfolgt werden, wenn
entweder die Vorentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs eingeholt worden
ist oder das dem Beamten vorgesetzte Ministerium erklärt hat, daß die Vor-
entscheidung nicht verlangt werde. Es gilt als Verzicht des Ministerium
wenn das Ministerium nicht innerhalb eines Monats, nachdem ihm ein darau
gerichteter Antrag des Beschädigten zugegangen ist, die Entscheidung be-
antragt.
e Vgl. WStVR 2 612.
ft AusfG. z. BGB vom 17. April 1899, 8 89; vel. WStVR 2 612.
8 Vgl. preuß. G. vom 1. August 1909 $ 2; bayer. AG z. BGB vom
9. Juni 1899, Art. 165; bad. G. vom 24. Febr. 1880 $ 9 und AG z. BGB
vom 17. Juli 1899 $ 5.
h Vgl. preuß. G. vom 13. Febr. 1854, $ 3 Satz 2: „Ein Urteil der
letzteren Art (nämlich eine das Dasein einer Amtspflichtverletzung be-
jahende Vorentscheidung) präjudiziert weder dem Beamten in seiner