818 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 1%.
Zu einer Kriegserklärung im Namen des Reiches ist die
Zustimmung des Bundesrates erforderlich, ausgenommen den Fall,
daß ein Angriff auf das Reichsgebiet oder dessen Küsten erfolgt”.
[Das RGes. v. 28. Okt. 1918 (RGBl 1274) fordert für jede Kriegs-
erklärung die Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags;
vgl. unten im Nachtrag.]-
2. Über den Abschluß von Verträgen mit fremden Staaten
bestimmt die Reichsverfassung®: „Insoweit die Verträge mit frem-
den Staaten sich auf solche Gegenstände beziehen, welche nach
Art. 4 in den Bereich der Reichsgesetzgebung gehören, ist zu
ihrem Abschluß die Zustimmung des Bundesrates und zu ihrer
Gültigkeit die Genehmigung des Reichstages erforderlich.“
Die Bedeutung der Bestimmung ist dieselbe wie die der ana-
logen Vorschriften in den Verfassungen der Einzelstaaten®. Nicht
die völkerrechtliche Verbindlichkeit des Staatsvertrages gegentiber
dem fremden Staate, sondern die staatsrechtliche Gültigkeit des-
selben innerhalb des Reiches soll von der Annahme durch die
gesetzgebenden Organe abhängig sein!‘. Auch die zum Abschluß
erforderliche Zustimmung des Bundesrates bildet keine Beschrän-
kung der völkerrechtlichen Legitimation des Kaisers!!,. Es be-
steht nur die staatsrechtliche Verpflichtung des letzteren, sich vor
dem Abschluß, d. h. der Ratifikation, der Zustimmung des Bundes-
rates zu versichern %, Aber auch die Genehmigung des Reichs-
tages ist, den oben entwickelten Grundsätzen gemäß, vor der
? RVerf Art 11 Abs. 2. Ein Angriff auf die Schutzgebiete fällt nicht
unter diese Bestimmung. Vgl. oben $ 141» Anm. d. Ebenso Rieß, Mit-
wirkung d. gesetzgeb. örperschaften 85; Fleischmann, DJZ 1910 982; a.
M. Loening, Grundzüge d. Verfass, d. D. Reichs 133; Arndt, Reichstaatsr. 704.
8 RVerf. Art. 11 Abs. 3. [Abgeändert durch RGes. vom 28. Okt. 1918
(RGBI 1274); vgl. den Nachtrag
"B:; oben $ 189 8. 812ff, UÜbereinstimmend mit dem Text die daselbst
Anm. 8 zitierten: Gneist, Laband, v. Roenne, Kloeppel, Arndt, v. Liszt,
Anschütz, dazu noch Schoen a. a, O. 414; Dambitsch. Reichsverf. 297. Da-
egen für die völkerrechtliche Bedeutung des Art. 11 Abs. 3 die oben 8 189
nm. 9 angeführten Schriftsteller, insbes. E. Meier, Proebst, Tinsch, Prestele,
Schulze, v. Sarwey, Rieß. Fleischmann, Radnitzky, außerdem Seydel, Komm.
z. RV 163ff. Die Mittelmeinung, wonach der Vertrag in allen Fällen durch
die Ratifikation völkerrechtliche Gültigkeit erlangt, jedoch unter der conditio
juris der Genehmigung, der gesetzgebenden Faktoren („bedingte völkerrecht-
liche Theorien“, s. o. S. 189 Anm. 9), wird auch für Art. 11 Abs. 3 RV ver-
treten: Jellinek, Seligmann u.a. (vgl. oben.a. a. O.).]
10 Die Ansicht von Heilborn im ArchÖffR a, a. O. 152 £., 176 ff, daß
Vertragsgesetze im Reiche der Zustimmung des Kaisers bedürften, ist
nicht für richtig zu erachten. Allerdings kann ein Vertrag gesetzliche
Gültigkeit im Reiche nur unter Mitwirkung des Kaisers erhalten, weil der
Abschluß desselben durch den Kaiser die notwendige Voraussetzung dafür
ist. Bei der Genehmigung durch die gesetzgebenden Organe wirkt aber der
Kaiser nicht anders mit als bei sonstigen Akten der Reichsgesetzgebung.
11 Über das vom Deutschen Reiche bei Ratifikation der Stantsverträge
beobachtete Verfahren vgl. Laband 2 148 ff.
13 Daß die Zustimmung des Bundesrates vor dem Abschluß erteilt
werden soll, geht schon aus dem Wortlaut der betreffenden Bestimmun
hervor. Übereinstimmend: Thudichum, Verfassungsrecht 108; Seydel a.a. 0.