Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

830 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 194. 
werbe bestanden noch anderweite Beschränkungen des Gewerbe- 
betriebs.. Zu diesen gehörten namentlich die Realgewerbeberech- 
tigungen, die Zwangs- und Bannrechte. 
Nicht nur die Entartung der Zünfte, sondern auch die sich 
neben dem Handwerksbetrieb mehr und mehr entwickelnde Groß- 
industrie ließ den Übergang zu einem freieren System der Gewerbe- 
esetzgebung notwendig erscheinen. Das Prinzip der Gewerbe- 
eiheit wurde im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in Preußen 
und in den Ländern des französischen Rechtes durchgeführt, es 
trat jedoch in Preußen im Jahre 1849 ein wesentlicher Rückschlag 
ein. Die meisten anderen deutschen Staaten gingen im Anfang 
der sechziger Jahre zur Gewerbefreiheit über. Den Abschluß hat 
die neucre deutsche Gewerbegesetzgebung in der Reichsgewerbe- 
ordnung vom 21. Juni 186919 gefunden, durch welche die privat- 
rechtlichen Gewerbeberechtigungen da, wo sie noch bestanden, 
völlig aufgehoben worden sind. An ihre Stelle ist eine Regelung 
des Gewerbebetriebes von öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten 
aus getreten. Der Betrieb des Gewerbes ist nach der Gewerbe- 
ordnung frei. Eine Einwirkung der Verwaltung findet nur in- 
soweit statt, als sie für die Austibung einzelner Gewerbe Befiühigungs- 
nachweise und Konzessionen zu erteilen, die Errichtung gewisser 
gewerblicher Anlagen zu genehmigen hat und die Befugnis besitzt, 
Gewerbebetriebe aus gesetzlich bestimmten Gründen zu verbieten. 
Zur Förderung der gewerblichen Interessen bestehen Innungen, 
welche nach den Bestimmungen des Ges. vom 26. Juli 1897 auch 
zwangsweise gebildet werden können, sowie sonstige Vereinigungen 
der Gewerbetreibenden und Handwerkskammern. Im. Interesse 
des Arbeiterstandes sind gesetzliche Vorschriften erlassen, deren 
Einhaltung die Verwaltungsbehörden zu überwachen haben. 
V, Die Industrie, 
Die fördernde Tätigkeit der Verwaltung in bezug auf die 
Industrie äußert sich teils in Maßregeln, welche die Förderung 
der Industrie im allgemeinen bezwecken (Veranstaltung von Ge- 
werbeausstellungen, Anlegung gewerblicher Sammlungen usw.), 
teils in der Fürsorge für einzelne Industriezweige. Zu den im 
Interesse der Industrie bestehenden Verwaltungseinrichtungen ge- 
hören namentlich auch die Patente!!, durch welche Erfindern 
das Recht der ausschließlichen gewerblichen Verwertung ihrer Er- 
findung beigelegt wird. Die Erteilung eines Patentes hat den 
Charakter eines rechtsbegründenden Verwaltungsaktes, 
VI. Der Handel!M%, 
Der Handel ist teils internationaler, teils Binnenhandel. Unter 
10 Dieselbe ist später durch viele Gesetze abgeändert worden und gilt 
jetzt in einer Redaktion vom 90. Juni 1900. Auf Grund des RG von diesem 
age ist der Text der Gewerbeordnung neu publiziert worden vermittelst 
Bek. des Reichskanzlers vom 26. Juli 1900. Auch diese Fassung der GewO 
ist seither noch mehrfach abgeändert worden. 
11 G, Meyer-Dochow 833 ff. 12 Q, Meyer-Dochow 348 ff.
	        
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