Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. $ 19. 847 
Zustimmungsrechte (vgl. oben 843, 844) — durch Art. 66 RVerf 
ausdrücklich zugesichert ist, Ein weiterer Bestandteil der militiiri- 
schen Verwaltungshoheit der Einzelstaaten ist das Recht, innerhalb 
der reichsgesetzlichen Schranken die äußeren Abzeichen der 
Truppen (z. B. die Kokarden) zu bestimmen (Art. 63 Abs. 2). 
Die Kontingentsherrlichkeit ist aber nicht lediglich Militärverwal- 
tung, vielmehr zu einem tatsächlichen Teile auch Heeresleitung 
in dem oben $. 842 angegebenen Sinne: sie hat nicht nur für die 
zur Entfaltung der militärischen Tätigkeit erforderlichen Vor- 
bedingung Sorge zu tragen, sondern enthält auch das Recht und 
die Pflicht, die Truppen des Kontingents für ihren militärischen 
Beruf auszubilden und zu erziehen, — nicht freilich die Befugnis, 
sie (außer zu „polizeilichen Zwecken“, Art. 66 Abs. 2) zu ver- 
wenden (vgl. oben 842, 843). Dementsprechend erstreckt sich auch 
die in der Kontingentsherrlichkeit enthaltene militärische 
Befehlsgewalt— Kommandogewalt®! — einschließlich der 
mit ihr untrennbar verbundenen Disziplinargewalt gegen- 
ständlich nur auf die Erziehung und Ausbildung des Kontingents: 
Befehle zu erteilen, welche sich auf die Verwendung der 
Truppen, überhaupt auf die Verfügung über dieselben (die er- 
wähnten „polizeilichen Zwecke“ immer ausgenommen) beziehen, 
sind die Kontingentsherren nicht befugt, da sie hierdurch in die 
dem Kaiser ausschließlich zustehenden Gewalten eingreifen 
würden ?2?. — Ferner gehört zu der Kontingentsherrlichkeit i. e. S. 
die Militärgerichtsbarkeit; es ist also insbesondere die 
Ausübung der gerichtsherrlichen Rechte, die Militärjustizverwaltung, 
  
setzt, und einerlei, ob die Ernennungsurkunden im Einzelfalle kontrasigniert 
werden oder nicht. In diesem Sinne ist die Frage nunmehr durch das RGes. 
vom 28. Okt. 1918 (RGBl 1275), welches alle Offizierernennungen für kontra- 
signatuibedürftig erklärt, entschieden worden. Vgl. den Nachtrag. 
An der von dem Bearbeiter der Voraufl., 723 Anm. 4, und von Arndt, 
Reichsstaatsr. 466 ausgesprochenen Ansicht, daß die preuß. Kab.-Order von 
1861 als Bestandteil der preußischen Militärgesetzgebung im Sinne des 
Art. 61 RVerf. (vgl. unten 865) anzusehen und daher, kraft dieses Artikels 
der RVerf., auch im außerpreußischen Deutschland, mit Ausnahme Bayerns, 
für eingeführt zu erachten ist, muß trotz des Widerspruchs, den Triepel 
a. 2. O. 567 N. 2 erhebt, festgehalten werden. 
2! An der Ansicht, daß durch Art. 68 RVerf. die Kommandogewalt dem 
Kaiser ausschließlich übertragen und diese Gewalt daher in der Kon- 
tingentsherrlichkeit nicht mehr enthalten sei (Haenel, StR 1 501, Zorn, StR 
1 183; Anschütz, Euzykl. 180), hält der Bearbeiter dieses Buches nicht mehr 
fest. Es ist zuzugestehen, daß die Kontingentsherren noch eigene Kom- 
mandogewelt in erheblichem Umfange besitzen. So: Laband 4 61 ff., Triepel, 
Roichsaufeicht 227 (der das. Anm. I noch weitere Vertreter dieser Ansicht 
anführt). 
#2 Vgl. oben 842, 843. Im übrigen, d. h. auf den Gebieten, wo den Kon- 
tingentsherren überhaupt noch die Kommandogewalt zusteht (s. oben im 
Text), konkurriert diese kontingentsherrliche mit der kaiserlichen Kommando- 
gewa t, mit der selbstverständlichen Maßgabe, daß jeder kaiserliche jedem 
ontingentsherrlichen Befehl unbedingt (Art. 64 Abs. 1) vorgeht (Triepel 
a2. Ö 228). Aus letzterem Moment ergibt sich, daß Konflikte zwischen 
den beiden Befehlsgewalten nicht auftreten können, ebensowenig wie etwa 
zwischen Reichs- und Landcsgesetzen.
	        
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