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die Bestätigung militärgerichtlicher Urteile und das Begnadigungs-
recht im Militärstrafverfahren *®, soweit diese Funktionen nicht
dem Kaiser vorbehalten sind (oben 843), Sache des zuständigen
Kontingentsherrn. Zuständig ist der Landesherr, dessen Kriegs-
ministerium die Verwaltung hinsichtlich des betreffenden militärischen
Verbandes ausübt **.
Kraft ihrer Kontingentsherrlichkeit können die Landesherren
nicht nur konkrete Befehle (Verfügungen), sondern auch allgemeine
Vorschriften, Verordnungen, erlassen®®, und zwar nicht nur
im sachlichen Bereich der Militärverwaltung, sondern auch in dem
der Heeresleitung, soweit letztere noch in der Kontingentsherrlich-
keit enthalten ist. Der Grundsatz des Vorranges der kaiser-
lichen — sei es in Verfügungs-, sei es in Verordnungsform er-
lassenen — Befehle vor den kontingentsherrlichen (oben Anm. 22)
gilt selbstverständlich auch gegenüber den Verordnungen der
Kontingentsherren. Liegt schon hierin eine Schutzvorkehrung gegen
Gefährdungen der Einheitlichkeit der Heereseinrichtungen durch
die partikulare Militärgewalt, so ist eine zweite, sehr wirksame
Vorkehrung dieser Art zu erblicken in Art. 63 Abs. 5 RVerf.
Dort heißt es:
„Behufs Erhaltung der unentbehrlichen Einheit in der Ad-
ministration, Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung aller
Truppenteile des deutschen Heeres sind die bezüglichen künftig
ergehenden Anordnungen für die preußische Armee den Kom-
mandeuren der übrigen Kontingente durch den Art. 8 Nr. 1
bezeichneten Ausschuß für das Landheer und die Festungen zur
Nachachtung in geeigneter Weise mitzuteilen.“
Nach dieser Bestimmung ?® sind die Herren der außerpreußi-
schen Kontingente — ausgenommen Bayern, welches auch hier
eine sonderrechtliche Stellung einnimmt?” — verpflichtet, die
ihnen über die bezeichneten Gegenstände (Administration usw.?®)
:3 Vgl. MilStrGO 8$ 21, 34, 79, 93, 207, 418. Laband 4 116, 117; Bur-
henne a. a. 0. 56 ff.
% EinfG. zur MilStrGO $ 4.
25 Diese Verordnungen können sich nur an die der Kontingentsherrlich-
keit unterworfenen Organe und Individuen, die Militärbehörden und Militär-
personen, richten; sie sind also Verwaltungsverordnungen (oben $ 159
. 669 ff). Zum Erlaß von Rechtsverordnungen bedarf es wie überall so
auch auf diesem Sachgebiete gesetzlicher Ermächtigung (oben 672). Eine
dahingehende Ermächtigung kann — da die Gesetzgebungshoheit in mili-
tärıschen Angelegenheiten dem Reiche ausschließlich zusteht (unten $ 200),
nur durch Reiche-, nicht durch Landesgesetz erteilt werden. Vgl. Anschütz,
nzykl. 178,
26 Vgl. über sie außer den Kommentaren für RVerf — Seydel, Dam-
bitsch, Arndt u. a. — insbes. Laband 4 23ff.; Haenel, Studien 2 70 ff., Staater.
495 ff.; Anschütz, Enzykl. 179; v. Marschall a. a. O0. 346 ff.; Bornhak. Preuß.
StR 8 43 ff.; Arndt. Reichsstaatsr. 462 ff.; Triepel a. a. O. 224, 225; Gümbel,
AnnDR 1899 161 f.; W. F. Müller, Teilung der Militärgewalt 27 ff,
°7 Vgl. Bündnisvertrag vom 23. November 1870, IILS 5 Ziff. I und III.
3° Die vier Ausdrücke „Administration, Verpflegung, Bewaffnung, Aus-
rüstung“ wollen nicht vier einzelne, sondern alle Gegenstände der Militär-