Die Funktionen. $ 196. 849
erlassenen militärischen Dienstvorschriften in steter Überein-
stimmung mit den diesbezüglichen preußischen Vorschriften
zu halten. Den betreffenden, vom Kaiser in seiner Eigenschaft
als König von Preußen bezw. vom preußischen Kriegsministerium
erlassenen Verordnungen muß, sobald sie gemäß Art. 63 Abs. 5
„mitgeteilt“ sind, seitens der anderen Kontingentsverwaltungen
„Nachachtung“ geleistet, d. h. es mtissen dort inhaltlich überein-
stimmende Verordnungen erlassen werden. Die Bedeutung des
Art. 63 Abs. 5 liegt also darin, daß er die Aufrechterhaltung der
Einheitlichkeit in der Verwaltungsordnung des deutschen
Heeres gewährleistet, nachdem die Einheit der Rechtsordnung
durch die Ausschließlichkeit der Gesetzgebungskompetenz des
Reiches auf militärischem Gebiet herbeigeführt und gesichert ist *®.
Im praktischen Effekt beherrscht der Wille des Kaisers und
Königs von Preußen das militärische Verordnungsrecht sowohl in
der Sphäre der Heeresleitung (Art. 63 Abs. 1, 64 Abs. 1) wie der
Militärverwaltung (Abs. 63 Abs. 5).
Zu 2, — Zu den Rechten dieser zweiten Gruppe (vgl. oben
845) gehören zunächst gewisse Befugnisse, welche vorwiegend
oder völlig den Charakter von Ehrenrechten haben. So sind
nach Art. 66 Abs. 1 RVerf die Bundesfürsten und Senate der
freien Städte (einschließlich derer, welche durch Militärkonventionen
mit Preußen auf ihre sonstigen militärhoheitlichen Rechte ver-
zichtet haben®°) „Chefs aller ihren Gebieten angehörenden
Truppenteile und genießen die damit verbundenen Ehren“ ®!. „Sie
haben namentlich das Recht der Inspizierung zu jeder Zeit und
erhalten außer den regelmäßigen Rapporten und Meldungen über
vorkommende Veränderungen, behufs der nötigen landesherrlichen
Publikation, rechtzeitige Mitteilung von den die betreffenden
Truppenteile berührenden Avancements und Ernennungen®?.“ So-
dann ist hierherzuzählen das Recht der Bundesfürsten und Senate,
„zu polizeilichen Zwecken nicht bloß ihre eigenen Truppen zu
verwenden, sondern auch alle anderen Truppenteile des Reichs-
heeres, welche in ihren Ländergebieten disloziert sind, zu re-
quirieren“ ®8,
verwaltung bezeichnen: Anschütz, Enzykl. 179 Anm. 1; a. M, Triepel a. a. O.
224 Anm. 3. Auf Angelegenheiten, die dem Sachgebiet der Militärverwal-
tung nicht angehören, bezieht sich Art. 63 Abs. 5 seinem Wortlaut nach
nicht, doch wird er in der Praxis weit über die Grenzen dieses Sachgebietes
hinaus ausgedehnt auf Anordnungen, welche die Heeresleitung be-
treffen, z. B auf Vorschriften über die Ausbildung der Truppen, Disziplinar-
vorschriften, Normen über Offiziersehrengerichte. Vgl. v. Marschall a. a. O.
347 Anm.
2° Vgl. unten $ 200.
0 Vgl. unten 8. 851 ff.
sı Nähere Bestimmungen hierüber finden sich in den Militärkonventionen
Preußens mit den seinem Kontingent angeschlossenen Staaten.
*3 Art. 66 Abs. 1 Satz 9.
8 Art. 66 Abs. 2.