Die Funktionen, 8 197. 851
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[Nach dem der deutschen Heeresverfassung zugrunde liegen-
den System müßte es so viele Kontingente und selbständige
Militärverwaltungen geben, als Einzelstaaten vorhanden sind, also
25. Diese Zahl ist infolge von Verträgen, „Militärkonven-
tionen“, welche zwischen Preußen einerseits und allen andern
deutschen Staaten, mit Ausnahme Bayerns, Sachsens und Württem-
bergs, andererseits abgeschlossen worden sind und in denen diese
Staaten auf die ihnen nach der Reichsverfassung zustehenden
Militärhoheit zugunsten Preußens verzichtet haben, herabgemindert
bis auf vier: es sind die Kontingente Preußens, Bayerns, Sachsens
und Württembergs.
Als Militärkonventionen bezeichnen sich auch die Verein-
barungen, welche die besonderen Rechtsverhältnisse des sächsischen
und des württembergischen Kontingents zum Gegenstande haben:
sächsische Militärkonvention vom 7, Februar 1867, württembergi-
sche Militärkonvention vom 25. November 1870. Sie sind jedoch
von den Konventionen der übrigen Einzelstaaten, der Großherzog-
tümer, Herzogtümer, Fürstentümer und freien Städte, ganz ver-
schieden. Sie sind nicht mit Preußen abgeschlossen a, — weshalb
Preußen aus ihnen keine Rechte herleiten kann —, erscheinen
vielmehr als vertragsmäßige Zusicherungen bezw. Bindungen der
Reichsgewalt gegenüber jenen beiden Einzelstaaten, mithin als
Grundlage von Sonderrechten, die, was Württemberg an-
langt, durch die Schlußbestimmung zum XI. Abschnitt der RVerf
zu verfassungsmäßigen Sonderrechten erklärt worden sindb. Ver-
fassungsmäßiges Sonderrecht im objektiven und subjektiven Sinne
ist auch die im Wege des Vertrages zwischen dem Norddeutschen
Bunde und Bayern geschaffene, durch die erwähnte Schluß-
bestimmung zu einem integrierenden Bestandteil der RVerf er-
hobene Ordnung der rechtlichen Stellung des bayerischen Kon-
tingents;: Bündnisvertrag vom 23. November 1870«.,
Auf Grund dieser Konventionen und sonderrechtlichen Be-
stimmungen gliedert sich das deutsche Heer in vier Kontingente] :
1. den Verband der preußischen Armee, in welchem
die Kontingente aller deutschen Staaten mit Ausnahme der drei
Königreiche aufgegangen sind!. Diebadischen?, hessischen
& Die sächsische Militärkonvention vom 7. Febr. 1867 ist allerdings
sächsischerseits mit dem König von Preußen abgeschlossen, wobei aber
letzterer nicht als solcher, sondern als Bundesfeldherr des — damals in der
Entstehung begriffenen — Norddeutschen Bundes auftrat. Die in dieser
Konvention enthaltenen (geringfügigen) Exemtionen Sachsens von dem gemein-
ültigen Heeresverfassungsrecht sind von dem Norddeutschen Bunde, dann
em RBeiche, stillschweigend gutgeheißen worden. Vgl. im übrigen unten
nm, .
db Vgl. oben $ 164 8. 702.
e Oben 8 67 8. 206, $ 164 8. 702.
ı Militärkonventionen Preußens mit Baden vom 25. Nov. 1870, mit
Hessen vom 13. Juni 1871 (früher Konvention vom 7. April 1867), mit
G. Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht, IIJ. 7. Aut. >)