Die Funktionen. $ 198. 859
die Friedenspräsenzstärke noch während der Geltung des sie fest-
setzenden periodischen Gesetzes geändert werden (wie das z. B.
1912 und 1913 geschehen ist, vgl. oben 858 und Anm. 13, 14), so
steht, da es sich alsdann um die Abänderung einer bestehenden
Einrichtung auf dem Gebiete des Militärwesens handeln würde,
„dem Präsidium“, d. h. Preußen das Vetorecht gemäß Art. 5
Abs. 2 RV (oben 49], 683) zu. Nicht dagegen kann aus Art.5
Abs. 2 das Recht Preußens hergeleitet werden, nach Ablauf eines
Präsenzstärkegesetzes den Erlaß eines neuen Gesetzes, welches
die Präsenzziffer anders, insbesondere niedriger ansetzt als das
abgelaufene, zu verhindern!?. Denn mit dem Ablauf des alten
Gesetzes ist die in ihm festgesetzte Präsenzziffer keine „bestehende
Einrichtung“ mehr].
Wenn das Gesetz über die Friedenspräsenzstärke nicht zu-
stande kommt, so bleiben als gesetzliche Grundlage der Heeres-
verfassung nur die gesetzlichen Vorschriften über die militärischen
Formationen, d. h. die Zahl der Armeekorps, Bataillone, Eskadrons
und Batterien übrig ?®.
Die Friedenspräsenzstärke, welche früher eine Maximalziffer
war, bezeichnet jetzt die Jahresdurchschnittsstärke?®!, Sie
kann daher zu gewissen Zeiten des Jahres überschritten werden,
wenn dafür zu anderen Zeiten weniger Leute bei den Fahnen ge-
halten werden.
2. Auch die Befugnis des Kaisers, die Gliederung und
Einteilung der Kontingente zu bestimmen, ist durch
gesetzliche Vorschriften beschränkt worden.
Für die Friedensformation ist gesetzlich festgestellt:
1. die Zahl der Armeekorps. Die gesamte Heeresmacht des
Ztschr. 2 208 ff; Preuß a, a. O. 81 ff, (verwirft jede periodische Feststellung,
hält nur das Aternat für verfassungsgemäß; gegen ihn v. Savigny a. a. U.
224 ff); Dambitsch a. a. R. 687.
ı ie Frage ist bestritten. Wie im Text: Zorn, Staatr. 2 536, 597;
Riedel, RVerf. Urkunde 142; Preuß a. a. O. 92; v. Savigny a. a. O0. 239.
A. M. die Voraufl. 731, Laband 4 91; Seydel, Kommentar 326, 327; Arndt,
Komm. 321, Staatsr. 512; Dambitsch 5 ; Sartorius a. a. O. 85, 86 (mit
weiteren Literaturangaben), .
2° Die Behauptung, daß wenn ein Gesetz über die Friedensstärke nicht
zustande komme, der Kaiser kraft der ihm im Art. 68 Abs. 4 der RVerf
eingerämten Befugnis, den Präsenzstand der Kontingente zu bestimmen,
das Recht habe, die Friedenspräsenzstärke festzusetzen (Reichskanzler
Fürst Bismarck in der Reichstagssitzung vom 11. Januar 1887. — Sten.
Ber. 341 —; Laband 4 92 ff.; Prazäk im ArchÜffR 2 480 N. 32; Arndt
a. a. O. und zu Art. 63 Nr. 5; R. Fischer, Recht des deutschen Kaisers 94;
Gümbel a. a. O. 172; Sartorius a. a. O. 87 ff.) ist nicht zutreffend. Die Be-
fugnis, den Präsenzstand der Kontingente .zu bestimmen, soll dem Kaiser
nur nach Maßgabe und im Rahmen des Gesetzes über die Friedenspräsenz-
stärke zustehen. Übereinstimmend: Zoın a. a. O. 535; Preuß a. a. O, 86 ff.;
v. Savigny a. a. O. 241ff.; v. Kirchenheim in v. Stengels Wörterbuch 460;
Haenel a, a. O. 251 fl.
» RG vom 3. August 1893 Art. I $ 1. RG vom 25. März 1899 Art. I
82. [RG vom 15. April 1905 Art, 18 1.]