Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. 8 208. 875 
rechtlichen Verkehrs unmittelbar an den Staat entrichtet. Diese 
Scheidung hat in den verschiedenen geschichtlichen Epochen je- 
weils verschiedene rechtliche Ausdrucksformen gesucht und ge- 
funden; eine der bedeutsamsten ist die sich ungefähr mit der 
finanztechnischen Scheidung von direkten und indirekten Steuern 
deckende Unterscheidung von Steuern, die auf Grund eines förm- 
lichen Veranlagungsverfahrens, und solchen, die unmittelbar auf 
Grund des Steuergesetzes zur Erhebung gelangen d (Veranlagungs- 
‚bzw. Erhebungssteuern). Mitunter sind die indirekten Steuern 
rechtlich überhaupt nicht mehr in die Form einer Steuer gekleidet, 
sondern die Einnahme beruht hier auf der Ausnützung einer tat- 
sächlichen oder rechtlichen, vielleicht erst ad hoc geschaffenen 
Ausschließlichkeitsstellung; man spricht dann von einem Monopole, 
Die heutige Steuerverfassung der Einzelstaaten ist wesentlich 
bedingt einmal durch das finanzielle Verhältnis zwischen ihnen 
und dem Reich (unten $ 208a), zum andern durch den Stand der 
Kommunalgesetzgebung, da deren Ausbau aufs engste mit der 
Frage der Finanzierung der Kommunalverbände verbunden ist. 
Die deutschen Einzelstaaten erheben infolge dieses doppelten Ein- 
flusses heute in der Hauptsache sog. direkte Steuern, wobei sich 
zwei Systemtypen gegenüberstehen. Der jüngere, in Preußen seit 
der Miquelschen Steuerreform (1891—1893) durchgeführte Typ 
hat sich dabei als siegreich erwiesen und den älteren teils ganz 
verdrängt, teils nachhaltig beeinflußt. Nach diesem preußischen 
System erhebt der Staat als Hauptsteuer die allgemeine Einkommen- 
steuer nebst ihrer Ergänzung f, woneben nur noch Raum für einige 
kleine Gelegenheitssteuern bleibt8; die Ertragsteuern hat der Staat 
an die Kommunalverbände abgegebenh. Übernommen ist dieses 
System mit einigen Verschiedenheiten im Aufbau der einzelnen 
d So in Anlehnung an die französische Theorie O. Mayer a. a. 0. 83 ff. ; 
es ist sicher, daß diese letztere Scheidung juristisch jedenfalls sich als 
äußerst fruchtbar erweist. Daß sie aber der Scheidung von direkten und 
indirekten Steuern nicht voll gerecht wird, zeigt einmal RGZ 89 11, wo 
die als Veranlagungssteuer konstruierte Erbschaftssteuer als indirekte be- 
zeichnet wird. Auch meint das RG wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung 
vom 22. März 1909, das sich gegen die direkte Doppelbesteuerung in den 
deutschen Einzelstaaten richtet, nicht Veranlagungssteuern. Man wird des- 
halb, wenn man den rechtlichen Unterschied zwischen direkten und indirekten 
Steuern suchen will, auf das positive Recht abstellen müssen. Einen An- 
halt bietet dabei die Erwägung, daß in der Regel als direkte Steuern die- 
jenigen gemeint und konstruiert sind, die sich der persönlichen Leistungs- 
higkeit anpassen (vgl. dazu auch Bredt a. a. O. 17 ff.). 
e So nach dem Hergange der französischen Theorie richtig O Mayer, 
DVR 1 366; Dochow a. a. Ö 637. Neuerdings beginnt auch die Finanz- 
wissenschaft diesen Unterschied zwischen Monopol und indirekter Steuer 
zu erkennen, vgl. z. B. Lotz a. a. O. 210 ff. 
f EinkStG vom 24. Juni 1891, Ergänzungssteuergesetz vom 14. Juli 
1898, beide mit verschiedenen Novellen. 
& 7. B. Wandergewerbesteuer, preuß. G. vom 3. Juli 1876, 23. Dez. 1896. 
h Preuß. G. betr. Aufhebung direkter Staatsstenern vom 14. Juli 1893; 
preuß. KommunalabgG vom 14. Juli 1893.
	        
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