878 Zweiter Teil. Drittes Buch. 8 204.
lichen oder privatrechtlichen Grundsätze maßgebend, von welchen
der betreffende Verwaltungszweig überhaupt beherrscht wird. Für
die Finanzschulden bestehen dagegen besondere Rechtsgrundsätze,
welche einen Bestandteil des staatlichen Finanzverwaltungsrechtes
bilden. Die Bestimmungen der Verfassungen und Gesetze über
Staatsschulden sind regelmäßig nur von Finanzschulden zu ver-
stehen; diese können auch als Staatsschulden im engeren Sinne
bezeichnet werden. Zu den Schuldverbindlichkeiten des Staates
gehören endlich auch die von demselben übernommenen Garan-
tien, welche teils die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos
einer Unternehmung durch den Staat bedeuten, teils den Charakter
von Bürgschaftsverpflichtungen haben. Man teilt die Staatsschulden
ferner in verzinsliche und unverzinsliche ein. Seitdem
die Kassenscheine aller deutschen Staaten auf das Reich über-
gegangen sind, gibt es in den Einzelstaaten nur noch verzinsliche
Staatsschulden. Die verzinslichen Schulden zerfallen in die fun-
dierte Schuld und die schwebende Schuld. Fundierte Schuld
ist der Inbegriff derjenigen Schuldverbindlichkeiten, welche der
Staat für einen längeren Zeitraum zu dem Zwecke übernommen
hat, sich dadurch Mittel für außerordentliche Aufwendungen zu
beschaffen. Schwebende Schuld dagegen heißt der Inbegriff der-
jenigen Schuldverbindlichkeiten, welche für einen kürzeren Zeitraum
eingegangen sind, um die Betriebsmittel der Staatskasse zu ver-
stärken und eine Ausgleichung zwischen Einnahmen und Ausgaben
derselben Etatsperiode zu bewirken; die schwebende Schuld tritt
regelmäßig in der Form der Schatzanweisungen auf.
2. Mitwirkung der Landtage bei der Finanzvervraltung'.
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Der Volksvertretung steht im konstitutionellen Staate ein weit-
gehender Einfluß auf die Finanzverwaltung durch die Beteiligung
1 Fricker, Die Natur der Steuerverwilligung und des Finanzgesetzes,
Zeitschrift für die Staatswissenschaft 17 636 ff.; Gneist, Budget und Gesetz
nach dem konstitutionellen Staatsrecht Englands mit Rücksicht auf die
deutsche Reichsverfassung (1867); Derselbe, Gesetz und Budget. Konstitutio-
nelle Streitfragen aus der preußischen Ministerkrisis vom März 1878, (1879);
Derselbe, Art. „Steuerverweigerung“ in v. Holtzendorfis Rechtslexikon 8
792 ff.; Laband, Das Budgetrecht nach den Bestimmungen der preußischen
„erfassungsurkunde unter Berücksichtigung der Verfassung des norddeutschen
Bundes (1871); Staatsrecht 4 522 fi., 577 ff.; H. Schulze, Das Finanzrecht der
Reichs- und Landtage nach älterem und neuerem Staatsrecht, Grünhuts Z,
2 161ff.; F. v. Martitz: Über den konstitutionellen Begriff des Gesetzes nach
deutschem Staatsrecht in der Zeitschrift für Staatswissenschaft 36 207 ff.;
G. Meyer, Über den Begriff des Gesetzes und die rechtliche Natur des
Staatshaushaltsetats, Grünhuts Z. S 1ff.; G. Seidler, Budget und Budget-
recht im Staatshaushalt der konstitutionellen Monarchie, Wien 1885; Laband,
ArchÖffR 1 172 ff.; Jellinck, Ges. u. Verordnung 180 ff, 276 fi., Art Budget-
recht im kHandwörteıb. d. Staatswissenschaften 8 308 ff.; Prazäk, ArchOÜffR
2 441 ff.; Seydel, Das Budgetrecht des bayrischen Landtages und das Ver-
fassungsverständnis von 1843, Festgaben für Planck (1887), v. Seydel, Bayer.