Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

902 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 207. 
Landtages gelegt und der Regierung nur die Beaufsichtigung dieser 
Verwaltung übertragen !t. 
8 207. 
[Die von den Verfassungen geforderte Budgetmäßigkeit der 
Finanzverwaltung ist bedingt durch das rechtzeitige, d. h. vor 
dem Beginn der Haushaltsperiode erfolgende Zustandekommen 
einer Vereinbarung zwischen Regierung und Landtag über das 
Budget. Darüber, was zu geschehen hat, wenn die Vereinbarung 
nicht oder nicht rechtzeitig gelingt, enthalten die Verfassungen 
keine Vorschriften. 
Es ist zunächst zu unterscheiden zwischen dem Falle bloßer, 
durch technische Schwierigkeiten herbeigeführter Verspätung 
des Budgets und dem eines Konflikts zwischen Regierung und 
Volksvertretung, wobei die Ablehnung des Staatshaushaltsplanes 
oder einzelner Teile desselben als politisches Kampfmittel gebraucht 
wird. In Fällen der ersteren Art (z. B. bei Verspätung infolge 
nicht rechtzeitiger Vorlegung des Etatentwurfs oder zu weitgehen- 
der Ausdehnung der Landtagsverhandlungen über denselben) werden 
sich, da ja die gesetzgebenden Faktoren keinen Krieg miteinander 
führen, unschwer Mittel und Wege finden lassen, um wenigstens 
eine vorläufige Einigung über den Haushaltsplan in Gestalt eines 
„Budgetprovisoriums“ zu schaffen: z. B. so, daß man die Geltung 
des Haushaltsplanes der abgelaufenen Periode um einige Zeit, 
etwa einen Monat oder mehrere Monate, verlängert. In dem 
andern Falle werden Aushilfsmittel dieser oder ähnlicher Art in 
der Regel versagen: die Faktoren der Etatsfeststellung können 
sich nicht einigen, weil sie sich nicht einigen wollen, und wenn 
dem so ist, so wird auch ein Budgetprovisorium nicht zur Ver- 
abschiedung gelangen. 
Die in dem hiermit bezeichneten Falle eintretende Rechtslage 
gestaltet sich nach den Verfassungen, welche der Volksvertretung 
kein volles Budgetrecht, sondern nur ein Recht der Prüfung des 
Budgets zum Zwecke der Steuerbewilligung zuerkennen (oben 880 ff.), 
anders als nach denen, welche fordern, daß der Staatshaushaltsplan 
durch Gesetz, also unter voller beschließender Mitwirkung des 
Landtags, festgestellt werde (oben 885 ff.). 
I. Nach den Verfassungen der ersten Gruppe ist die Ver- 
14 Sächs. Verf. $ 107, G., die Einrichtung der Staatsschuldenkasse betr., 
vom 29. Sept. 1834, Nachtr. vom 3, Nov. 1848, Württ. Verf. $$ 119—1%. 
Revid. Staatsschuldenstatut vom 22. Febr. 1837, Abänderungen vom 4, Juli 
1842 und 4. Sept. 1853, G., betr. die Staatsschuld vom 20. März 1881, Abänd. 
G. vom 19. Mai 1896, 8.-Mein. GG. 8 57, Schuldentilgungsgesetz vom 30. April 
1831, Nachtr. vom 15. März 1897, Reuß j. L. V. vom 15. März 1860, zu Ab- 
schnitt X, Anh. G., betr. die Verwaltung des Staatsschuldenwesens, vom 
28. Jan. 1872, Abänderungsgesetze vom 8. Febr. 1877, 15. März 1883, 19. März. 
1896, Wald. G., die Verwandlung der unkündbaren Staatsschuld in cine 
kündbare und deren Tilgung betr., vom 14. Okt. 1854. 
s Beispiele (aus der Praxis des Reichs) bei Laband 4 551.
	        
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