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Zollgrenze. Von diesem Grundsatz besteht jedoch eine zweifache
Ausnahme, indem 1. gewisse außerdeutsche Gebietsteile dem Zoll-
system des Reiches angeschlossen sind, nämlich das Großherzogtum
Luxemburg und die österreichischen Gemeinden Jungholz’ und
Mittelberg; 2. gewisse deutsche Gebietsteile außerhalb der Zoll-
grenze bleiben, nämlich: a) die wegen ihrer Lage zur Einschließung
in dieselbe nicht geeigneten Gebietsteile. Der Ausschluß dieser
Gebiete beruht auf zolltechnischen Gesichtspunkten; über den
Einschluß derselben in die Zollgrenze entscheidet der Bundesrat;
b) das Freihafengebiet von Hamburg und Bremen. Nach der
Verfassung des Norddeutschen Bundes Art. 34 sollten die Hanse-
städte Lübeck, Hamburg und Bremen mit einem dem Zwecke
entsprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden Gebietes als
Freihäfen außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze bleiben,
bis sie ihren Einschluß in dieselbe beantragten. Lübeck wurde
auf seinen Antrag schon bald nach Gründung des Norddeutschen
Bundes dem Zollgebiete angeschlossen. Die Reichsverfassung
wiederholte die Bestimmung daher nur in bezug auf Bremen und
Hamburg. Seit dem Oktober 1888 sind auch diese Städte in die
Zollgrenze aufgenommen. Es ist denselben aber ein kleines
Freihafengebiet belassen worden, welches ohne ihre Zustimmun
dem Zollgebiete nicht angeschlossen werden darf!*, c) die Inse
Helgoland !®,
Dem Reiche steht nur die Öesetzgebung über das Zollwesen
zu, während die Erhebung und Verwaltung der Zölle den Bundes-
staaten überlassen ist. Die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens
wird durch Reichsbeamte überwacht, welche der Kaiser nach
Vernehmung des Bundesratsausschusses für Zoll- und Steuerwesen
den Behörden der einzelnen Staaten beiordnet. Der Ertrag der
bezeichneten Abgaben fließt in die Reichskasse. Der an dieselbe
abzuliefernde Betrag wird berechnet, indem von dem Bruttoertrage
die Steuervergütungen und Ermäßigungen, die Rückerstattungen
für unrichtige Erhebungen und gewisse näher bezeichnete Erhebungs-
und Verwaltungskosten in Abzug kommen ’®,
Ein großer Teil der auf das Zollwesen bezüglichen Be-
stimmungen war vor Gründung des Reiches in den Zoll-
vereinsverträgen, insbesondere in dem Vertrage vom 8. Juli
1867 enthalten. Die Bestimmungen des letzteren sind, soweit sie
nicht durch das Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 und dann
durch Vorschriften der Verfassung eine Abänderung erfahren
haben, ausdrücklich aufrechterhalten worden!”. Da der Vertrag
14 RG, betr. die Ausführung des Anschlusses der Freien und Hanse-
stadt Hamburg an das deutsche Zollgebiet, vom 16. Febr. 1882, RG, den
Anschluß der Freien und Hansestadt Bremen an das deutsche Zollgebiet
betr, vom 31. März 1885. Vgl. oben $ 164 S. 701 Anm. 7.
18 RG vom 15. Dez. 1890 $ 2.
'e RV Art. 36, 38. Wegen der Beaufsichtigung der einzelstaatlichen
Zollverwaltung (Art. 36) vgl. unten $ 212b S, 942.
I RV Art. 40; Delbrück, Der Artikel 40 der Reichsverfassung (1881).