Die Funktionen. $ 212b. 041
die Angelegenheit durch Reichsgesetz geordnet, so richtet sich die
Aufsicht außerdem — und sogar in erster Linie — darauf, daß
das betreffende Reichsgesetz und die zu seinem Vollzuge erlassenen
Verordnungen richtig ausgeführt werden o.]
& 212b.
[Die Zuständigkeit und das Verfahren in Reichsaufsichtssachen
sind von der Reichsverfassung nur für die Fälle geregelt, in denen
es sich um reichsgesetzlich geordnete Angelegenheiten handelt,
während es hinsichlich der aufsichtlichen Wahrnehmung der Reichs-
interessen in reichsgesetzlich nocb nicht geordneten Angelegen-
heiten* an ausdrücklichen Bestimmungen fehlt.
1. Die obersten Organe der Reichsaufsicht in reichsgesetzlich
geordneten Angelegenheiten sind nach der Reichsverfassung der
Kaiser und der Bundesrat. Die Zuständigkeit des ersteren ist
durch Art. 17 Satz 1 RVerf, die des letzeren durch Art. 7 Satz 1
Ziff. 3 bestimmt. Nach Art. 17 steht dem Kaiser die Überwachung
der Ausführung der Reichsgesetze zu; Art. 7 Ziff. 3 überträgt
dem Bundesrate die Beschlußfassung „über Mängel, welche bei
der Ausführung der Reichsgesetze oder der vorstehend erwähnten
Vorschriften oder Einrichtungen (d. h. der vom Bundesrate gemäß
Art. 7 Ziff. 2 zur Ausführung der Reichsgesetze beschlossenen
Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen d) hervortreten“.
Die Funktionen des Kaisers sind nach Art. 17 Satz 1 folgende.
Ihm (und zwar ihm ausschließlich, nicht dem Bundesrate) liegen
alle in der Aufsichtsgewalt enthaltenen beobachtenden Titig-
keiten ob. Er hat sich, unter Verantwortlichkeit des Reichs-
kanzlers, darüber zu unterrichten, ob die vom Reiche erlassenen
Gesetze und Verordnungen von den Einzelstaaten richtig und
pünktlich ausgeführt werden. Er hat den Landesregierungen
gegenüber das Recht auf Auskunft über alle für die Beurteilung
des einzelnen Aufsichtsfalles erheblichen Verhältnisse. Verfehlungen
gegen die Gesetze und Verordnungen oder gegen die Interessen
des Reiches hat er festzustellen, die mit solchen Verfehlungen
behafteten Staatsakte, soweit sie noch nicht in Vollzug gesetzt
sind, mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden° und in allen
Fällen die Abstellung des festgestellten Mangels zu verlangen.
Wird diesem. Verlangen seitens des beteiligten Einzelstastes nicht
entsprochen, so kann — wovon sogleich die Rede sein wird —
die alsdann vorliegende Meinungsverschiedenheit zwischen Reichs-
und Einzelstaatsgewalt nur vom Bundesrate zum Austrag gebracht
° Triepel 371 ff.
s — also bezüglich dessen was Triepel (oben $ 212a Anm, 1), „selb-
ständige Aufsicht“ nennt.
b Oben $ 165 8. 707, 708.
€ Über dieses Beanstandungsrecht des Kaisers vgl. Haenel, Staatsr.
311, 312; Triepel 646, 659.