Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

972 Zweiter Teil. Viertes Buch. $ 228, 
fassungen®? enthält daher nur die Anerkennung eines selbstver- 
ständlichen Grundsatzes. 
Wer sich durch eine gerichtliche Verfügung beschwert glaubt, 
hat dies mit den prozessualischen Rechtsmitteln (Beschwerde, Be- 
rufung, Revision) im Instanzenzuge der Gerichte geltend zu machen. 
Die Entscheidung des obersten Gerichtshofes ist definitiv, und es 
gibt dagegen kein weiteres Rechtsmittel. Beschwerden gegen 
Verfügungen der Verwaltungsbehörden konnten früher nur im 
Instanzenzuge der Verwaltung geltend gemacht werden, sie gingen 
in letzter Instanz an den Landesherrn. Gegenüber den Ent- 
scheidungen der obersten Verwaltungsorgane wurde oft noch eine 
weitere Beschwerde an den Landtag gegeben, welche sich jedoch 
tatsächlich in der Regel als wirkungslos erwies, Durch die Ein- 
führung der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind auch für die Er- 
ledigung eines Teiles dieser Beschwerden unabhängige Organe mit 
endgültigem Entscheidungsrecht hergestellt worden®, 
2. Petitionsrecht ist das Recht, Bitten aller Art bei den 
Staatsorganen (Monarch, Landtag, Irenürden) anzubringen. Diese 
Bitten können ebenfalls auf Abhilfe von UÜbelständen innerhalb 
des geltenden Rechtes gerichtet ‚sein, sie können aber auch den 
Erlaß neuer gesetzgeberischer Akte bezwecken. Viele Verfassungen 
gewähren das Petitionsrecht ausdrücklich* und beschränken es 
lediglich insofern, als sie Petitionen unter einem Gesamtnamen 
nur Behörden und Korporationen gestatten®. Aber auch in den- 
jenigen Staaten, deren Verfassungen dasselbe nicht erwähnen, be- 
steht es in unbestrittener Übung®. Nicht minder können an die 
Reichsorgane Petitionen gerichtet werden, wenn dies auch nur 
hinsichtlich des Reichstages in der Verfassung ausdrücklich aus- 
gesprochen ist”. 
Dem Beschwerde- und Petitionsrecht des Einzelnen entspricht 
die Pflicht der genannten Organe zur Annahme und Erledigung der 
Beschwerden und Petitionen. Der Beschwerdeführer oder Bittsteller 
hat ihnen gegenüber einen Anspruch auf Vornahme bestimmter 
Handlungen, welcher dem Anspruch auf Rechtsschutz analog ist®. 
> Säüchs. Verf. Art. 36, Württ. Verf. Art. 36—88, S.-Alt. GG 5 65 u. 
66, 8.-Kob.-Goth. StGG 8 48, Braunschw. NLO 8 38, Old. StGG@ Art. 47, 
Reuß N L. LG vom 20. Juri 1856 $ 22, Reuß ä. L. Verf. $ 27: Wald. Verf. 
$ 93, Brem, Verf. 1ie 
s Vgl. $ 182 8. 671ff. 
4 Preuß. Verf. Art. 82, Sächs. Verf. Art. 36, S.-Kob.-Goth. StGG 8 48, 
Old. StGG Art. 47, Reuß j. L. G. vom 20. Juni 1856 8 24, Wald. Verf. 8 33, 
Brem. Verf. $ 14. 
5 Preuß. Verf. Art. 32, 8.-Kob.-Goth. StGG 8 48. Über das Petitions- 
recht der Gemeindevertretungen vgl. Entscheidungen des preußischen OVG 
18 89 ff., 41 35 ff.; Anschütz, Komm. 548 fi. 
6 Art. 81 der hess. Verf., welcher das Petitionsrecht hinsichtlich all- 
emeiner Interessen ausschließlich den Ständen vorbehielt, ist durch G. vom 
6. März 1848 aufgehoben worden. 
T RVerf Art. 23. 
8 Jellinek a. a. O. 181 f.; Anschütz a. a. 0. 545; a. M. Loening im Verw- 
Arch 18 18.
	        
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