Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Rechtsverhältnisse der Untertanen. $ 225. 975 
stand gegen einen Beamten nur dann strafbar, wenn sich derselbe 
in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes befunden hat®. Ob 
dies der Fall war, darüber muß in dem eingeleiteten Strafprozeß 
durch richterliches Urteil entschieden werden. 
In den Territorien des Deutschen Reiches erhielten die Unter- 
tanenpflichten eine besondere Bekräftigung durch den Huldi- 
ungseid (homagium plenum s. universale). Derselbe wurde 
beim Regierungsantritt des Landesherrn von allen Untertanen 
geleistet, außerdem von den in den Staatsverband eintretenden 
Personen bei erfolgter Aufnahme oder Niederlassung und von den 
im Staate geborenen bei erlangter Volljährigkeit. Einen ähnlichen 
Eid forderte man häufig auch von solchen Personen, welche inner- 
halb des betreffenden Territoriums mit Grundbesitz angesessen 
waren (sogenanntes homagium minus plenum s, particulare). Von 
den neueren Verfassungen haben einige diese Eide beibehalten 
und in dieselben nur einen auf Beobachtung der Stuatsverfassung 
bezüglichen Passus eingeschoben ’, andere dagegen die Beeidigung 
auf die Staatsbeamten und Landtagsmitglieder beschränkt®. Eine 
rechtliche Bedeutung besitzen die angeführten Eide nicht, sie be- 
gründen keine neuen Pflichten, sondern enthalten nur eine feier- 
liche Bekräftigung der bereits vorhandenen. 
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Als besondere Ausflüsse der allgemeinen Gehorsamspflicht er- 
scheinen gewisse Leistungen, welche den einzelnen Mitgliedern 
des Staates für die Zwecke desselben obliegen!. Diese Leistungen 
sind teils Dienstleistungen, teils Sachleistungen. 
Die Dienstleistungen bestehen in: , 
1. der Pflicht zur Übernahme gewisser Ämter, 
namentlich von Amtern der Provinzial-, Kreis- und Gemeinde- 
verwaltung, sowie zur Leistung des Schöffen- und Geschworenen- 
des Staates aus rechtswidrigen Handlungen seiner Beamten, 119 ff.; Freund 
im ArchÜffR 1 126 ff. 
? Bayer. Verf. Tit. X 8 3, Sächs. Verf. $ 139, Württ. Verf. $ 20, Bad. 
G., die Beeidigung auf die Verf. betr., vom 7. Juni 1848, Hess. Verf. Art. 108, 
8.-Alt. GG 8 73, 8.-Kob.-Goth. StGG 8 28, Braunschw. NLO N 26, Brem. 
Verf. 8 2. Vgl. F. Brockhaus, Art. „Verfassungseid“ in v. Holtzendorfis 
Rechts exikon 8 1024 ff.; Wiesmann, Treueid u. T’reupflicht der Untertanen 
1911), 44 ff. 
h Preuß. Verf. Art. 108. Eine allgemeine Huldigung beim Regierungs- 
antritt hat in Preußen seit Erlaß der Verfassung nicht mehr stattgefunden. 
[Vel. auch Schwartz, Kommentar z. preuß,. Verf. 158.]. Dagegen erhielt sich 
er Homagialeid als Voraussetzung für die Erwerbung von Ritter- und 
anderen Gütern und für die Ausübung von Provinzial-, Kommunal- und 
kreisständischen Rechten, bis er durch G. vom 28. Mai 1874 beseitigt wurde. 
ı Gegenüber den Äußerungen Labands, Staatsr. 1 142 Anm. 2 ist zu 
bemerken, daß in den nachfolgenden Ausführungen nicht beabsichtigt ist, 
eine vollständige Klassifikation der Untertanenptlichten zu geben, sondern 
nur die wichtigsten derselben besonders hervorzuheben.
	        
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