— 874 —
Neujahrswünsche des Kaisers und des Königs von Bayern.
München, 31. Dezember.
Aus Anlaß des Jahreswechsels hat zwischen König Ludwig und dem
Deutschen Kaiser folgender Depeschenwechsel stattgefunden:
Seiner Majestät Kaiser Wilhelm
Großes Hauptquartier.
An der Wende des Jahres, in dem Deutschland gegen eine Welt von
Feinden zum Schwerte greifen mußte, beseelt uns alle nur ein Gedanke:
Möge es unserer tapferen Armee und unserer heldenmütigen Marine ge-
lingen, die Gegner niederzuringen, und möge dem deutschen
Volke im neuen Jahre ein Frieden gesichert werden, der wert ist der
schweren Opfer, die es zum Schutze des Vaterlandes freudig auf sich ge-
nommen. In der zuversichtlichen Hoffnung, daß diesem Wunsche Erfüllung
beschieden werde, stehen die deutschen Fürsten und Stämme in unerschüt-
terlicher Treue zu Kaiser und Reich. Gott schütze Dich und Dein Haus
auch im neuen Jahre. Er erhalte Dir die Kraft im Kampfe für Deutsch-
lands Größe und Ehre; er verleihe den deutschen Waffen und unserer ge-
rechten Sache den Sieg. Ludwig. Marie Therese.
Kaiser Wilhelm erwiderte:
Ihren Majestäten dem König und der Königin, München.
Euer herzerfreuendes, treues Gedenken anläßlich des bevorstehenden
Jahreswechsels empfing mich heute bei der Rückkehr von einer kurzen
Reise. Ich erwidere Eure guten Wünsche von ganzem Herzen für Euch,
die Eurigen und das gesamte Bayerland. Ihr sprecht mir aus der
Seele, wenn Ihr sagt, wir alle hätten nur den einen Gedanken, daß dem
geliebten Vaterlande im neuen Jahre ein Friede gesichert werde, würdig
der gebrachten und noch zu bringenden schweren Opfer. Wie herrlich ist
dabei die Gewißheit, daß die deutschen Fürsten und Stämme in unerschüt-
terlicher Treue zusammenstehen, um mit Gottes Hilfe durch unsere helden-
haften Truppen den Sieg zu erkämpfen, den wir für die gerechte Sache
mit felsenfester Zuversicht erhoffen. In herzlicher Freundschaft "
Wilhelm.
Russische Angriffe in Galizien zurückgewiesen.
Wien, 31. Dezember. (W##B.)
Amtlich wird bekanntgegeben: 31. Dezember, mittags:
Gestern entwickelten die Russen in der Bukowina und in den Kar-
pathen eine lebhaftere Tätigkeit. Unsere Truppen halten am Suczawa-
Flusse im oberen Gebiet des Czeremosz, weiter westlich auf den Kamm-
höhen der Karpathen, dann im Nagy-Ag--Tale bei Oekörmezö, wo gestern
wieder ein Angriff des Feindes unter schweren Verlusten Tcscheiterte, endlich
im obersten Gebiet der Latorcza und nördlich des Uzsokerpasses. Westlich
dieses Passes hat der Gegner, der seine Vorrückung hier einstellte, keinen
Karpathenübergang in Kinden.
Im Raume von Gorlice und nordöstlich Zakliczyn wurden die gestern
und auch in der vergangenen Nacht fortgesetzten heftigen Angriffe der
Russen überall abgewiesen.