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schen Panzerkreuzers „Pallada“ zwei deutsche Unterseeboote versenkt
worden seien. Die Mitteilung ist, wie wir von amtlicher Stelle erfahren,
in jeder Hinsicht unzutreffend.
Der englisch-belgische Bruch der belgischen Neutralität
ist vor aller Welt Augen so offenbar geworden, daß man sogar auf eng-
lischer Seite hier und da aufhört, ihn zu leugnen, ja, geradezu ihn einge-
steht. So bringt jetzt die Londoner „Times“ einen Artikel, der nicht mehr
und nicht weniger bedeutet als das Eingeständnis, daß England und
Belgien zusammen längst vor Ausbruch des Krieges die belgische Neu-
tralität gebrochen hatten. Wir lesen darüber in der „Nordd. Allg. Ztg."
unter der Ueberschrift: „Die Beziehungen Englands zu Belgien“:
Der militärische Mitarbeiter der „Times“ erörtert in der Nummer
vom 12. d. M. die Beziehungen Englands zu Belgien, wobei er unter
anderem ausführt:
„Die Neutralität war ein verhängnisvolles Geschenk für Belgien
und machte es ihm unmöglich, militärische und andere Unterhaltungen
zu führen und Abkommen zu treffen, die eine schnelle und entschiedene
Hilfe seiner englischen Freunde gesichert hätten. Die englischen und
belgischen Stäbe konnten über militärische Vorbereitungen, Truppen-
transportmittel, Eisenbahndienst, Vorratsversorgung usw. keine ent-
sprechenden Pläne machen, ohne streng genommen die Neutralität zuver-
letzen. Wir konnten und wollten unsere Armee nicht verzetteln, indem wir
sie stückweise nach den unvollkommen eingerichteten belgischen Häfen
sandten. Uns war unsere Stellung in der französischen Aufstellung an-
gewiesen, und wir mußten uns also nach dem französischen Feldzugs-
plan richten, da Frankreich im Westen die vornehmliche kriegführende
Partei zu Lande war.“
Diese Erklärungen sollen das unliebsam empfundene Ausbleiben
einer rechtzeitigen und ernstlichen Hilfe Englands für Belgien entschul-
digen und beschönigen. Der Militärpolitiker der „Times“ macht nicht
den Versuch, zu leugnen, daß Belgien berechtigt war, eine viel weiter-
gehende Unterstützung von England zu erwarten. Auch die „Morning
Post“ hat es bekanntlich getadelt, daß England zur Rettung Antwerpens
so wenig getan habe. Ueber die Berechtigung solcher Vorwürfe mögen
sich Belgier und Engländer untereinander verständigen. Für uns ist
das Eingeständnis des „Times“-Sachverständigen wertvoll, daß die eng-
lischen und belgischen Stäbe militärische Vorbereitungen nur unter Ver-
letzung der belgischen Neutralität verabreden konnten. Aus den an dieser
Stelle veröffentlichten belgischen Aktenstücken geht aber zur Genüge her-
vor, daß über eine derartige Verletzung der Neutralität Belgiens zwischen
amtlichen englischen und belgischen Stellen tatsächlich im geheimen Ver-
handlungen gepflogen und Verabredungen getroffen worden sind. Dies
ist entscheidend für die Begehung des Neutralitätsbruchs. Diese Fest-
stellung machen wir auch gegenüber der „Berlingske Tidende“, die ver-
geblich Belgien mit dem Hinweis zu entschuldigen sucht, daß es ja keinen
Bund mit England und Frankreich gegen Deutschland geschlossen habe.
Je unzweideutiger der Bruch der belgischen Neutralität durch Bel-
gien und seine Verbündeten selber wird, um so erstaunlicher wird es,
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