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4. UÜberall, wo der Angestellte nicht vorsätzlich gehandelt hat, also
entweder fahrlässig oder schuldlos, kommt in Frage, ob der Gewerbetreibende
als sogenannter mittelbarer Täter das Kriegswucherdelikt durch den
Angestellten als sein Werkzeug begangen hat.-s)
5. Liegt auch auf seiten des Gewerbetreibenden höchstens mangelnde
Sorgfalt vor, so ist zu prüfen, ob sich jeder für sich eines fahrlässigen Kriegs-
wucherdelikts schuldig gemacht hat.#) Eine solche Neben= oder Mehr-
täterschaft (also keine Teilnahme im Sinne der §8§ 47 ff. StGB.) kann
aber vorliegend auch bei vorsätzlichem Handeln sowohl des Gewerbetreibenden
des Angestellten in Frage kommen, wenn nämlich ein einverständliches
Zusammenwirken zwischen ihnen nicht vorliegt.s#)
VII. Ein Teilnehmerverhältnis kann nicht nur zwischen Personen ein und
desselben geschäftlichen Betriebes vorliegen.358) Jeder, der zur Regelung
eines Kriegswucherdelikts vorsätzlich mitwirkt, kann in der einen oder anderen
wendiges Tatbestandserfordernis der Haupttat bilden müsse,
erscheint ungerechtfertigt. Man kann deshalb die Möglichkeit einer Anstiftung zum
Kriegswucherdelikt nicht mit dem Hinweis leugnen, daß nach der begrifflichen
Eigenart dieser Delikte die vorsätzliche Verübung der Straftat kein notwendiges
Erfordernis sei. (Darüber, daß das Kriegswucherdelikt nicht nur vorsätzlich,
sondern auch fahrlässig verübt werden kann, s. unten Kap. 4 §1). übrigens hat der
III. Senat den angefochtenen weitgehenden Standpunkt neuerdings aufgegeben.
S. Urteil vom 21. Dezember 1914, Entsch. Bd. 49 S. 68.
33) Vgl. Urteil des I. Senats vom 3. Dezember 1906, Entsch. Bd. 39 S. 298.
34) Vgl. I. Senat vom 5. Dezember 1883, Entsch. Bd. 10 S. 8 auf S. 10.
35) Der Begriff der Neben= oder Mehrtäterschaft führt zurück auf v. Liszt,
Lehrbuch § 50, 20. Aufl., S. 226. Er ist danach auch von andern angenommen, so
von Frank § 47 unter VII. M. E. Mayer, Der allgemeine Teil des deutschen
Strafrechts, 1915 S. 385, will diesen Begriff da nicht gelten lassen, wo zwei
Personen nacheinander tätig werden. Zu Unrecht. Brauchen doch sogar bei
der Mittäterschaft (s. oben Anm. 30) die Beteiligten nicht notwendig neben-
einander tätig zu werden.
36) Nicht erörtert zu werden braucht die strafrechtliche Natur des Beteiligungs-
verhältnisses der Parteien eines Kriegswuchergeschäfts. Sogenannte notwendige
Teilnahme liegt zwischen Verkäufer und Käufer bei einer Höchstpreisüberschreitung
nicht vox, da der Tatbestand dieses Delikts nicht begrifflich ein. Zusammenwirken
mehrerer erfordert, vielmehr, wie unsere Erörterungen zeigten (s. oben S. 36), auch
einseitig begangen werden kann. Im übrigen ist aber auch der Begriff der not-
wendigen Teilnahme, wie v. Liszt, Lehrbuch § 49, 20. Aufl., S. 221 unter V.
mit Recht betont, wenig förderlich. Das Mittäterschaftsverhältnis zwischen Ver-
käufer und Käufer, das anzunehmen ist, wenn beide schuldhaft einen festgesetzten
Höchstpreis überschreiten, würde, selbst wenn es sich um einen Fall der sogenannten
notwendigen Teilnahme handelte, durch diese Feststellung keine nähere Beleuchtung
erfahren.