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drohung der Fahrlässigkeit einschließt,“) zum inneren Tatbestand des Kriegs—
wucherdelikts die Schuldform der Fahrlässigkeit für ausreichend erachten werde.
Der höchste Gerichtshof mußte sich gegenüber den kriegswucherstrafrecht-
lichen Bestimmungen, wie überhaupt gegenüber der Mehrzahl der kriegsstraf-
rechtlichen Vorschriften sagen, daß das Gesetz seinen Zweck verfehlen würde:
wollte man die Strafdrohung auf die vorsätzliche Übertretung be-
schränken. Zumal sich häufig gar nicht klarlegen lassen wird, ob mit Vorsatz
oder aus Unachtsamkeit gehandelt ist..) In der Tat hat denn auch der höchste
Gerichtshof, sobald die Frage an ihn herantrat, mit Entschiedenheit den Stand-
punkt vertreten, daß wegen des präventiv polizeilichen Charakters des Verbots
des sogenannten Polizeiunrechts zutreffend charakterisiert wird. Ob das gesamte
Polizeiunrecht, wes Frank a. a. O. S. 651 bezweifelt, kann dahingestellt bleiben.
Jedenfalls lassen sich nämlich die Kriegswucherbestimmungen, da sie „ein polizeiliches
Verhalten einschärfen sollen, ein Verhalten gemäß der Untertanpflicht die gute Ord-
nung des Gemeinwesens nicht zu stören“ (so die Charakterisierung des Polizeistraf-
rechtssatzes bei Otto Mayer a. a. O.) unter eine Kategorie von Delikten ein-
reihen, bei denen Verwaltungsinteressen das Schutzobjekt bilden. Denn zu den Ver-
waltungsinteressen des Staats gehört insbesondere auch die positive Förderung und
Erleichterung der Bedürfnisbefriedigung (s. darüber schon Rotering in Zeitschr.
f. d. ges. Strafr Wissensch. Bd. 23 [1903) S. 371, der den Strafzwang auf diesem
Gebiet als sehr limitiert bezeichnet, was er treffend mit Umständen rechtfertigt,
welche die Verhältnisse einer Friedenswirtschaft zur Voraussetzung haben). Als Ver-
w.alter des Gemeinwesens, das der Staat ist, erläßt er daher die Schutznormen
des Kriegswucherstrafrechts, so daß dieses denn auch von M. E. Mayer a. a. O.
S. 54 Anm. 23 — der allerdings nicht spezialisiert, sondern schlechthin von Kriegs-
strafrecht spricht, was zu weitgehend wäre — als ein besonders charakteristischer
Repräsentant des Verwaltungsstrafrechts hervorgehoben wird. Für unsere Unter-
suchung kann daher jedenfalls die alte Streitfrage, ob. zwischen abstrakten Gefähr-
dungsdelikten und polizeilichen Übertretungen vom rein begrifflichen Stand-
punkt cus unterschieden werden kann, auf sich beruhen. In seinem Gießener
Dekanatsprogramm, Studien zum Polizeistraäfrecht, 1897, hatte Frank (S. 18)
diese Frage noch mit Entschiedenheit verneint. Die Wendungen, die manche Schrift-
steller noch heute in diesem Zusammenhang gebrauchen (s. z. B. Olshausen,
zu § 1. Nr. 1), lassen daran zweifeln, ob sie, selbst wenn sie sich einem der ver-
schiedenen Lösungsversuche der Wissenschaft verschreiben, einer solchen begrifflichen
Scheidung zwischen Polizei= und Gefährdungsdelikt eine irgendwie normative Be-
deutung beimessen.
s) S. außer der von v. Liszt zit. Entscheidung in Bd. 48 inbesondere noch
das Urteil des III. Senats vom 25. Januar 1912, Entsch. Bd. 45 S. 394, und
Urteil des I. Senats vom 11. Juni 1891, Entsch. Bd. 22 S. 43. Das letztzit. Urteil
erklärt, daß es gerade bei den in besonderen Gesetzen geregelten Delikten notwendig
sei, „durch Interpretation des Gesetzes und aus der Natur der Tat zu folgern, ob
die Strafbestimmung auch bei einem fahrlässigen Verschulden anzuwenden ist“.
7) Dies sind ja gerade die Gründe, aus denen bei Polizeiüberkretungen Fahr-
lässigkeit als zur Bestrafung hinreichend erklärt wird. S. (Rotering, Polizei-
übertretungen und Polizeiverordnungsrecht 1888 S. 20.
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