Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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RG. — sowohl solange diese Fälle dem § 328 StGB. zu unterstellen waren, 
als auch seitdem sie auf Grund des neuen Viehseuchengesetzes vom 26. Juni 
1909 nach den 8§§ 74, 76 zit. Gesetzes zu bestrafen sind — den Irrtum über die 
blankettausfüllende Norm als einen außerstrafrechtlichen ange- 
sehen.:?) Aber auch zu anderen Blankettstrafgesetzen sind derartige Entschei- 
dungen festzustellen. So z. B. ein Urteil des I. Senats vom 18. Dezember 
1909,,8) das zu dem § 10 Nr. 2 des Reblausgesetzes vom 6. Juli 1904 er- 
gangen ist, und das ausdrücklich erklärt: „Die zur Ergänzung der offenen 
Strafbestimmungen dienenden Gesetze, Verordnungen, Anordnungen und Maß- 
regeln werden nicht in dem Sinne Teil des Strafgesetzes, das ihre Un- 
kenntnis nach allgemeiner Regel nicht entschuldigt.“ 
Gegenüber der Kriegsgesetzgebung hat das RG. an diesem Standpunkt 
festgehalten. Speziell gegenüber dem typischen Blankettstrafgesetz des § 9 
Bel Zust G. ist von ihm in gleichbleibender Rechtsprechung die Auffassung ver- 
treten worden, daß der Irrtum über ein solches Verbot als ein außerstrafrecht- 
licher beachtlich sei.5) Selbst wenn daher die Meinung Lobes zuträfe, daß 
der § 6 Ziffer 1 Höchst Pr G. (Höchstpreisüberschreitung) ein Blankettstraf- 
gesetz wäre, brauchte nicht befürchtet zu werden, daß das R. die einzelne 
Hcöchstpreisfestsetzung als Teil dieses Strafgesetzes ansehen würde. Nach der 
diesseits vertretenen Auffassung kommt aber überhaupt nur der Tatbestand des 
# 6 Ziffer 5 (Übertretung einer Ausführungsbestimmung) als ein derartiges 
Blankettstrafgesetz in Betracht.30) Ein Irrtum über eine solche Ausführungs- 
bestimmung wäre nach dem Gesagten als ein außerstrafrechtlicher anzusehen. 
III. Die Anwendung der aus der Unterscheidung zwischen strafrechtlichem 
Und außerstrafrechtlichem Irrtum zu entnehmenden Grundsätze auf den ein- 
zelnen Kriegswucherfall kann erheblichen Schwierigkeiten kaum unterliegen. Es 
ist unter Zugrundelegung der vorstehenden (s. unter II) Erörterungen bei dem 
michtigen Tatbestand der Ziffer 1 des § 6 Höchst Pr G. insbesondere zu be- 
achten, daß die Begriffe „Höchstpreis“ und „1UÜberschreitung“ zum 
Strafgesetzz gehören, nicht aber der jeweilige Betrag eines Höchstpreises 
und die einzelne Warenart, für die er festgesetzt ist.3#1) Ein Irrtum über die 
  
27) S. für das frühere Recht die Urteile des IV. Senats vom 21. Februar 
1896, Entsch. Bd. 28 S. 185, des II. Senats vom 3. Januar 1899, Entsch. Bd. 31 
S. 415, des I. Senats vom 6. Juli 1903, Entsch. Bd. 36 S. 359, und für das 
geltende Recht: Urteil des I. Senats vom 3. Juli 1913, Entsch. Bd. 47 S. 282. 
28) Goltd Arch. Bd. 57 S. 227. 
29) S. z. B. I. Senat vom 31. Mai 1915, L.Z. 1915 S. 973 Nr. 11. 
30) Wegen der rechtlichen Bedeutung der einzelnen Hoöchstpreisfestsetzung für 
die Irrtumsfrage ist bereits oben sub 23 a. E. das Erforderliche gesagt. 
3i) Damit stimmen überein I. Senat vom 14. Juli 1915 in JW. 1915 
S. 1443 sub b —x LZZ. 1915 S. 972 sub f und vom 12. Juli 1915 in Dötrafr Z. 
1915 S. 500, II. Senat vom 9. Juli 1915 in JIW. 1915 S. 1445 sub b, III. Senat 
vom 23. September 1915 in DStrafr Z. 1915 S. 500, IV. Senat vom 8. Oktober 
1915 Sächs Arch. 1916 S. 33 sub c.
	        
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