Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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eine Höchstpreisfestsetzung, unsicher, welchen Inhalt sie habe, eigenmächtig in 
dem ihm günstigen Sinne aus, so handelt er mit dem bedingten Vorsatz, eine 
Höchstpreisfestsetzung zu übertreten, gleichviel ob seine Auslegung ihres In- 
halts zutrifft oder nicht. Der Vorsatz im Sinne des Gesetzes verlangt nämlich 
nicht das positive Wissen oder die zweifellose Uberzeugung von einem Tat- 
umstand. Deshalb entfällt er auch nicht, wenn der Täter ungeachtet eines 
Zweifels auf die Gefahr hin, den Tatbestand des Delikts zu erfüllen, die 
Handlung ausführt. In solchem Fall ist eben ein Handeln mit eventuellem 
Vorsatz gegeben.38) 
VI. Steht im Sinne der vorstehenden Ausführungen fest, daß der Täter 
„vorsätzlich" ein Kriegswucherverbot übertreten hat, so kann doch unter Um- 
ständen seine Schuld verneint werden: nämlich wenn die Voraussetzungen 
der BRVO. vom 18. Januar 1917 (R#l. S. 58) gegeben sind. Durch diese 
Verordnung wird bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften, die auf 
Grund des § 3 Ermächtigungsgesetzes 25) ergangen sind oder noch ergehen, der 
Einwand des unverschuldeten Irrtums über das Bestehen oder die Anwendbar- 
keit der übertretenen Vorschrift zugelassen.“o) Nur ein entschuldbarer, 
d. h. ein auch nicht auf Fahrlässigkeit beruhender Irrtum kommt dem Täter 
auf Grund dieser Bundesratsverordnung zugute. 
Wird der Irrtum des Täters nicht als entschuldbar anerkannt, so bleibt 
die Nichtkenntnis des Gesetzes schlechterdings unberücksichtigt, also auch be- 
züglich der rechtlichen Qualifikation des Schuldmoments: der Täter ist der 
vorsätzlichen Übertretung des Gesetzes für schuldig zu-erachlen.") In 
wie beschränktem Maße aber die Anerkennung der Entschuldbarkeit eines solchen 
Irrtums für die Praxis in Frage kommmt, dürfte aus dem im folgenden Para- 
graphen unter II Gesagten hervorgehen. 
Bedeutungsvoll ist, daß dem Irrtum über das Bestehen der über- 
tretenen Vorschrift der Irrtum über ihre Anwendbarkeit gleichzustellen 
  
bezweifelt werden können. Als von etwas Selbstverständlichem geht denn auch das 
Urteil des IV. Senats vom 4. Juni 1915, JW. 1915 S. 1203 sub 1 hiervon aus. 
38) S. I. Senat vom 31. März 1881, Entsch. Bd. 4 S. 38 und vom 16. Juni 
1898, Entsch. Bd. 31 S. 112, II. Senat vom 5. November 1886, Entsch. Bd. 15 
S. 34, III. Senat vom 3. März 1884, Entsch. Bd. 10 S. 234, IV Senat vom 7. Juni 
1887, Rechtspr. Bd. 9 S. 361. 
39) Wegen dieses Gesetzes s. oben S. 15. 
10) Streng genommen, gehört das Höchst Pr G. nicht hierher, da es nicht auf 
dem Ermächtigungsgesetz beruht (s. oben S. 16). Da es aber auf Grund des Er- 
mächtigungsgesetzes mehrfach abgeändert ist, kann kein Bedenken bestehen, auch diesem 
Gesetz gegenüber die BRVO. vom 18. Januar 1917 zur Anwendung zu bringen, 
zumal dies zweifellos von ihr gewollt war. So auch Urteil d. III. Senats vom- 
12. Februar 1917. (Referiert von Feisenberger in Ztschr. f. Strafr. 
Wissensch. 38 S. 856.) Das gleiche gilt für die Kettenhandelverordnung, wenn- 
gleich sie nur mittelbar auf dem Ermächtigungsgesetz beruht (s oben S. 15, 17). 
411) Der fahrlässig bverschuldete Rechtsirrtum wird von der B. 
nicht berührt. Ein Fahrlässigkeitsvergehen wegen (unentschuldbarer) Nichtkenntnis 
oder falscher Auslegung des Gesetzes ist durch die BRVO. vom 18. Januar. 1917 
nicht geschaffen. ÜUbereinstimmend Lobe in. LZ. 1917. S. 225, 229; Schäfer
	        
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