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auf Grund des § 9b eintreten sollte, erforderlich, daß der Zuwiderhandelnde
erkannt hat oder erkennen mußte, daß für den Erlaß des Verbots das Interesse
der öffentlichen Sicherheit maßgebend war. Denn dieser Tatumstand gehört
zum gesetzlichen Tatbestand.10)
Als „Verbot“ im Sinne des § 95 Belmust G. kann nicht nur eine Norm
angesehen werden, die ein bestimmtes Verhalten ausdrücklich „verbietet". Auch
eine Norm, die ein bestimmtes Verhalten „gebietet“, kann als Verbotsnorm
betrachtet werden, wenn ihr eben der erkennbare Sinn unterliegt, daß ein von
der Gebotsnorm abweichendes Verhalten verboten sein soll. Bei solchem Gebot
steht mittelbar ein Verbot in Frage.11) Die Fassung einer Bekanntmachung ent-
scheidet also nicht allein. Immerhin wird gerade in der Frage der Bewuche-
rung des Publikums bei Bekanntmachungen der Militärbefehlshaber zu prüfen
sein, ob, wenn im übrigen die Bezugnahme auf den § 9b Belhust G. fehlt,
nicht vielleicht nur eine Ordnungsmaßregel in Frage steht. Solche
Ordnungsmaßregeln können z. B. in bestimmten den Geschäftsinhabern ge-
gebenen generellen Weisungen gefunden werden.
Von der im vorstehenden bejahten Frage, ob der Militärbefehlshaber auf
Grund des § 9b Belhzust G. Höchstpreisvorschriften ergehen lassen kann, ist
die Frage zu unterscheiden, ob er zur Festsetzung von Höchstpreisen gemäß
§ 4 als Inhaber der vollziehenden Gewalt im Rahmen des Höchst Pr G. befugt
ist. Hierüber wird zu sprechen sein, wenn erörtert wird, welche Behörde für
die Festsetzung des Höchstpreises im Sinne des Höchst Pr G. in Betracht
kommt.2)
Da die Materie des Kriegswuchers durch das Höchst Pr G. und die
Preissteigerungsverordnung nach allen Richtungen geregelt ist, wird sich ein
dringendes praktisches Bedürfnis für dem gleichen Zweck dienende Verbots-
normen der Militärbefehlshaber auf Grund des § 9b kaum geltend machen.
Immerhin werden Fälle vorkommen können, wo die örtlichen Verhältnisse
eine Ergänzung der Bestimmungen des HöchstPr G. und der Preis-
Steig VO. nahelegen. So ist z. B. in einem Bezirk vom Militärbefehlshaber
die Vorschrift erlassen worden, daß nur an Selbstverbraucher, nicht auch an
Zwischenhändler auf dem Markte Verkäufe stattfinden dürfen. Diese Vor-
schrift sollte dem offensichtlichen Zweck dienen, Preissteigerungen vorzubeugen,
die drohen, wenn die Ware durch zu viele Personen geht, ehe sie an den Ver-
braucher gelangt.
40) Vgl. Entsch, des IV. Senats vom 5. Januar 1892, Entsch. Bd. 22 S. 296,
und des III. Senats vom 28. November 1892, Entsch. Bd. 23 S. 311, wo der ganz
eanaloge Fall zur Entscheidung stand, daß der Täter bezüglich einer auf Grund des
§ 328 StGGB. erlassenen Anordnung nicht das Bewußtsein hatte, daß sie dem im
§ 328 bezeichneten Zwecke dienen sollte.
11) Vgl. Urteil des IV. Senats vom 7. Mai 1915, Entsch Bd. 49 S. 161 aus
S. 162 und Lobe in Leipz.Z. 1916 S. 720 Anm. 25.
12) S. darüber unten S. 26 f.
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