Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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Der Wortlaut dieses Artikels, so erklärt das RG., stellt den Umfang der 
vollziehenden Gewalt klar. Danach könne es nicht zweifelhaft sein, daß in 
diesem Artikel die Befugnis zum Erlaß der zur Ausführung der Gesetze 
„nötigen“ Verordnungen, wozu auch die Höchstpreisfestsetzungen gehörten, als 
ein Bestandteil der „vollziehenden Gewalt“ hingestellt und erläutert werde. 
Unterstellt, daß tatsächlich der Artikel 45 den Umfang der „vollziehenden 
Gewalt“ generell — jedenfalls nicht in Beschränkung auf die vollziehende Ge- 
walt des Königs — klarstelle, so müßte man nach der nunmehr als unbedingt 
herrschend anzusehenden Ansicht 17) dem Militärbefehlshaber auch die Be- 
fugnis zum Erlaß bindender Rechtsnormen zusprechen, sowie ihm an Stelle des 
Königs die Verkündigung der Gesetze zustehen, ja sogar ihm die Befugnis 
einräumen, an die Stelle der vom König ernannten Minister andere zu setzen. 
Daß das nicht im Sinne des § 4 BelZust G. liegt, braucht nicht erst durch seinen 
Wortlaut bewiesen werden. 
Es ist denn auch unrichtig, wenn das RE. im Artikel 45 der Preußischen 
Verfassung eine dem § 4 Belust G. unterzulegende Definition des Begriffs 
der vollziehenden Gewalt findet. Ob die Sätze 2 und 3 des Artikels 45 nur 
erläutern wollen, was Satz 1 dieses Artikels unter vollziehender Gewalt ver- 
steht, oder ob sie nicht etwa, wie anzunehmen ist, als Ergänzung des im 
Satz 1 Gesagten zu denken sind, — mag zunächst einmal ganz dahingestellt 
bleiben. Jedenfalls handelt der Artikel 45 nur von der vollziehenden Gewalt 
des Königs, und was von dieser gilt, kann keinesfalls ohne weiteres auch 
für die vollziehende Gewalt anderer Personen gelten. In dieser Beziehung 
würde es nicht einmal etwas ausmachen, wenn die Militärbefehlshaber ihre 
vollziehende Gewalt vom König von Preußen herleiten würden; aber das ist 
nicht einmal der Fall, nachdem das Preußische Gesetz zum Reichsgesetz erhoben 
ist. Vom Kaiser als dem militärischen Oberbefehlshaber leitet der einzelne 
Militärbefehlshaber seine Stellung her.18) 
Zur vollziehenden Gewalt gehört an sich lediglich die Tätigkeit der Ver- 
waltung zur Ausführung des Gesetzes.) Die Befugnis zur Gesetzgebung 
ist schon begrifflich nicht in der vollziehenden Gewalt enthalten. Die 
  
vollziehenden Gewalt, also nicht als Inhaber des Notverordnungsrechts des § 9b 
Bel Zust G. auftritt, auch die Berechtigung einräumen, mit der Höchstpreisfestsetzung 
andere Behörden zu betrauen. Daß der Militärbefehlshaber hierzu legitimiert sei, 
nimmt auch die letztzit. Entsch. des RG. an, die im übrigen — in Übereinstimmung 
mit dem Urteil des IV. Senats vom 8. Oktober 1915, Entsch. Bd. 49 S. 280 auf 
S. 282 — die Zulässigkeit einer Delegation des Notverordnungsrechts des § 9b 
BelZust G. verneint. 
17) S. die Nachweise bei Arndt, die Verfassungsurkunde für den Preußischen 
Staat, 7. Aufl., zu Artikel 45 unter 4. 
18) Weil mit der Erklärung des Belagerungszustandes die vollziehende Ge- 
walt von den Einzelstaaten auf das Reich, von dem Landesherrn auf den Kaiser 
übergeht. S. Hänel, Deutsches Staatsrecht, I. S. 439. 
19) Vgl. Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht, 6. Aufl., § 8 S. 27.
	        
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