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c) Das Vorhandensein einer Marktlage setzt nach dem Gesagten cine
gewisse Regelmäßigkeit des Handels voraus, worunter zu verstehen ist, daß die
Ware sich nicht nur in den Händen einiger weniger Personen besindet, die un-
beeinflußt von jeder Konkurrenz nach Belieben die Preise festsetzen.“)
Wo die Steuerung des Marktes durch die Konkurrenz der Verläufer völlig
fehlt, kann man nicht mehr von einem Markt, sondern nur von einem ge-
schlossenen Kreis von Monopolisten reden.4#S) Wann dies der Fall ist, ist natur-
gemäß eine äußerst schwierige Tatfrage des Einzelfalles. Zu weit geht es,
wenn in der Rechtsprechung des RG.43a) immer mehr das Bestreben hervor-
tritt, die auf der jetzigen Warenknappheit beruhende Marktlage schlechthin als
eine „Notmarktlage“ und deshalb überhaupt nicht als eine Marktlage im
Sinne des Gesetzes anzusehen.435.) Daß das Angebot die Nachfrage über-
preis bestehe, ist so zu verneinen. Meist werden denn auch, da die Marktlage im
Marktpreis zum Ausdruck kommt, beide Begriffe synonym gebraucht. Es kann so gar
nicht auffallen, daß Senatspräsident Mittelstein, der im Sprechsaal der DJ3.
vom 1. Oktober 1916 S. 978 eine Erläuterung der Begriffe „Marktpreis und Markt-
lage“ zu geben verspricht, sich dabei völlig darauf beschränkt, darzulegen, was unter
Marktpreis zu verstehen ist. Einen wesentlichen Begriffsunterschied zwischen Markt-
preis und Marktlage haben erst die Urteile des RE. (s. z. B. das Urteil des
III. Senats vom 14. Februar 1916, Entsch. Bd. 49 S. 398 auf S. 399) und mit
ihnen Lobe, Gewinn S. 23 behauptet, die der Beachtung der von der Preis Steig VO.
betonten Berücksichtigung der Marktlage widerstreben. Bezeichnenderweise begnügen
sie sich aber damit, diesen Unterschied zu behauptcen, ohne ihn klarzulegen.
Verfehlt erscheint es, wenn in einzelnen Urteilen, s. z. B. das Urteil des V. Senats
vom 26. September 1916, DJ Z. 1916 S. 1169, das Gesetz so auszulegen versucht
wird, als ob es mit dem Marktpreise den Einkaufspreis des Verläufers meine.
Nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes ist eine solche Auffassung ausgeschlossen.
Ein greifbarer Unterschied wird auch nicht herausgestellt, wenn es in einem Urtcil
des I. Senats vom 4. Mai 1916, L.Z. 1916 S. 874, heißt: die Marktlage beeinflusse
nur den Marktpreis, ohne über das Verhältnis von Angebot und Nachfrage Auf-
schluß zu geben. Aber der Marktpreis bildet sich gerade nach Angebot und Nach-
frage. Ohne Marktpreis wiederum keine Marktlage. Sie „beeinflußt“ so nicht nur
den Marktpreis, sondern beide sind Bezeichnungen ein und desselben Wirtschafts-
vorgangs, gesehen unter einem verschiedenen Ausgangspunkt der Betrechtung.
42) Die Regelmäßigkeit des Handels betont als Begriffsmoment Mittel-
stein a. a. O., ohne aber näher darzulegen, was er unter dieser Regelmäßigkeit,
speziell innerhalb der Kriegswirtschaft versteht.
33) In ungemein tiefgehender Weise ist die Bedeutung des Monopolverhält-
nisses für die Marktwirtschaft beleuchtet bei Franz Oppenheimer, Theorie
der reinen und politischen Okonomie, Berlin 1910, S. 378 ff.
43a) Seit den Urteilen des IV. Senats vom 30. Oktober 1916, JW. 1917
S. 50 = 8Z. 1917 S. 49, und vom 14. November 1916, JW. 1917 S. 231—
Mitt. für Preisprüfungsstellen 1916 S. 196.
43b) Dagegen hat noch ein Urteil des I. Senats vom 4. Mai 1916, Sächs Arch.
1916 S. 276 — das zwar nicht zur Preis Steig VO. ergangen ist, sondern zu einem
Wucherverbot eines Kommandierenden Generals auf Grund des Belhzust G., das
ebenfalls die Marktlage für maßgebend erklärte —, eine Marktlage als vorhanden
anerkannt und den so zustande gekommenen Marktpreis als maßgebend bezeichnet,
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