Full text: Kriegswucherstrafrecht.

73 
rischen Erwerbs zu 1 M pro Pfund erworben und sie 5 F unter dem orts-— 
üblichen Marktpreis, d. h. zu 2,50 M verkauft. Auch hier wurde der Tat- 
bestand des Preiswuchers vom RG. verneint. 
Beide Urteile wollen den Vorteil, der in einem besonders günstigen Ein- 
kauf liegt — mag er durch Schenkung, Betrug, Hehlerei oder andere Umstände- 
herbeigeführt sein —, in der Weise dem Weiterveräußerer belassen, daß sie 
diesen Vorteil bei dem unter Zugrundelegung des Einkaufspreises berechneten 
Gewinn unberücksichtigt lassen. In der Begründung stimmen die Urteile ins- 
besondere insofern überein, als sie für Fälle dieser Art den Gewinn als „schon 
mit dem Einkauf erzielt“ angesehen wissen wollen. Soweit der Einkaufspreis- 
sich infolge eines der bezeichneten Umstände unter dem üblichen Einkaufspreis. 
hält, wird er von diesen Urteilen als vorweggenommener Gewinn abgesondert 
und von ihm gesagt, daß er „nicht durch das im Einkauf und Verkauf be- 
stehende geschäftliche Unternehmen erzielt sei“. Das Urteil des V. Senats- 
glaubt, diesen Gedanken noch dahin präzisieren zu können, daß der Erwerbs- 
preis sich hier „nicht nach Gesichtspunkten allgemeinwirtschaftlicher Natur 
gebildet habe“. Damit wäre denn die Verbindung zu dem oben unter a# 
berührten Fall geschaffen, daß die Gestehungskosten nicht den Einkaufspreis. 
eines geschäftlichen Unternehmens darstellen: nur daß in jenem Fall hinzu- 
käme, daß — wenigstens in dem speziellen vom RG. entschiedenen Jagdwild- 
fall — die „Gestehungskosten“ (der Pachtzins) gar nicht zu Erwerbs-, sondern 
zu Vergnügungszwecken aufgewandt waren, und daß eine anteilige Verteilung 
des Pachtzinses auf das einzelne erlegte Wild ein ganz ungewöhnliches und 
deshalb geradezu künstliches Rechenexempel darstellen würde. Aber mag 
zwischen dem Jagdwildfall des IV. Senats und den Deliktsfällen des I. und 
V. Senats ein näherer oder entfernterer oder überhaupt kein innerer Zu- 
sammenhang bestehen: es ist sicher, daß die Konstruktion des im Einkauf 
liegenden Verkaufsgewinns vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gekünstelt 
ist und zu rechtsethisch unannehmbaren Resultaten führt. Man vergegen- 
wärtige sich: das RG. sieht das entscheidende Kriterium darin, ob die den 
Erwerbspreis niedrig haltenden Umstände eine Abweichung von der üblichen 
geschäftlichen Norm enthalten. Dem Betrüger billigt es den Vorteil, den er 
vor seinen ehrlichen Konkurrenten erzielt hat, als Sondergewinn zu, — dem- 
jenigen, der den Vorteil gewissermaßen als Risikoprämie in Anspruch nehmen 
möchte, weil er sich, ungeachtet der möglichen Verlustgefahren, in der be 
treffenden Ware zeitig eingedeckt hat, spricht es ihm ab. Man war sonst 
gewohnt, gerade den Vorteil mißbilligt zu sehen, der durch einen Verstoß 
gegen die Strafgesetze dem Täter zugefallen war, und der IV. Senat hat denn. 
auch in Beherzigung dieses allgemeinen Rechtsgedankens bei der Berechnung 
des Reingewinns denjenigen Teil aus den Gestehungskosten ausgeschieden, 
um den der Weiterveräußerer bei seinem Einkauf den festgesetzten Höchstpreis. 
überschritten hatte.535) Hat er deliktischerweise (nämlich durch UÜberschreiten 
der Höchstpreise) zu viel gezahlt, so soll er — nach dem Urteil des 
IV. Senats — seinen Weiterverkaufspreis nur so berechnen dürfen, als habe 
  
s0) S. Urteil des IV. Senats vom 12. Mai 1916, JW. 1916 S. 1132 Nr. 30.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.