Full text: Kriegswucherstrafrecht.

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III. Unlautere Machenschaften, die sich eine Preissteigerung zum Ziele 
gesetzt haben, werden schon durch den § 5 Ziffer 3 PreisSteigVO. getroffen. 
Wo eine Reihe von Händlern künstlich einen Geschäftsabschluß auf den andern 
pfropfte, zu dem ausgesprochenen Zweck, den Preis der Ware zu steigern, 
da bot sich schon auf Grund der zit. Vorschrift der PreisSteigO. ein Weg 
zum Einschreiten.) Diese Absicht der Preissteigerung ist aber keineswegs 
regelmäßig da zu konstatieren, wo sich das Bild einer Kette von hintereinander 
in die Zirkulation der Ware eingreifenden und diese Zirkulation verlangsamenden 
Händlern bietet. Vielmehr erfolgt die Bildung einer Händlerkette regelmäßig 
gerade unbekümmert um jenes Ergebnis einer Preissteigerung, wenngleich 
naturgemäß dem Händler nie das Bewußtseine?) fehlen wird, daß die 
Ware unnütz verteuert wird, wenn sie durch zu viele Hände geht. Diesen 
nicht schon von der Preis Steig VO. getroffenen Kettenbildungen will die 
Kettenhandel VO. entgegentreten, indem sie in ihnen die Haupterscheinungsform 
jener wirtschaftlich nicht gebotenen, lediglich aus der Kriegswirtschaftslage 
geborenen Handelsgeschäfte sieht, die in unlauterer Weise den Verteilungsprozeß 
der Ware aufhalten und verteuern. Als unlautere Machenschaft 
wird der Kettenhandel unter Strafe gestellt. Das bedeutet: nur wo dem 
Handelsumlauf der Ware durch mehrere Personen (Kette) das Merkmal der 
unlauteren Machenschaft eignet, wird er von der Kettenhandel VO. verpönt.53) 
1) S. oben S. 80 ff. Daß das RG. allerdings selbst da, wo der im Text 
bezeichnete Zweck nicht festzustellen ist. ein Einschreiten auf Grund des § 5 Ziff. 3 
Preis Steig VO. für zulässig hält, ist bereits oben S. 81 Anm. 2 betont und bekämpft 
worden. 
2) Was nach feststehendem juristischen Sprachgebrauch nicht der „Absicht“ 
gleichgesetzt werden darf. Stehe dazu das oben S. 81 Gesagte. 
3) Das verkennt Falck in Hirsch und Falck „Der Kettenhandel als Kriegs- 
erscheinung“ 1916 I. Aufl. S. 54, II. Aufl. S. 91, indem er behauptet: Das Gesetz 
kennzeichne jeden Kettenhandel in Lebens= und Futtermitteln als ein unlautere 
Machenschaft im Sinne der Verordnung, und zwar als die in ihr insbesondere 
versolgte. Deshalb habe der erkennende Strafrichter nicht zu prüfen, ob der vor- 
liegende Fall auch ihm als unlautere Machenschaft erscheine. Es genüge, daß 
Kettenhandel als solcher festgestellt werde. Dieser Auffassung steht zunächst 
schon der klare Wortlaut des Gesetzes entgegen. Wären die „unlauteren Machen- 
schaften“ als Generalklausel dem Kettenhandel angeschlossen, so ließe sich die 
Auffassung Falcks hören. So wie das Gesetz gefaßt ist, kann kein Zweifel 
bestehen, daß der Kettenhandel lediglich beispielsweise als eine besonders 
wichtige Begehungsform genandmt ist, in der sich preissteigernd wirkende unlautere 
Machenschaften abspielen. (Vgl. die ähnliche Ausdrucksweise im § 48 StGB.) 
Zu diesem Ergebnis muß aber auch die logische Interpretation der Vorschrift 
führen. Erst als Erscheinungsform eines unlauteren Tuns kann der Begriff des 
Kettenhandels eine juristisch greifbare Form gewinnen. Falcks Standpunkt, der 
dazu führen würde, dem Richter durchaus lauter erscheinende Maßnahmen mit 
einer geradezu entehrenden Bezeichnung zu belegen und dementsprechend zu strafen, 
ist um so weniger begreifbar, als Falck selbst a. a. O. betont, daß den von 
kaufmännischer Seite erhobenen Bedenken gegen die Einführung des wenig be- 
stimmten Begriffs von amtlicher Seite wiederholt mit dem Hinweis darauf 
 
	        
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