§ 53. Der Kaiser. 95
Kriegszustand sowohl in Kriegs= als in Friedenszeiten ver-
hängen kann.
Da im Falle eines Krieges der Kaiser oberster Kriegsherr ist und
ausschließlich die zur Verteidigung erforderlichen Anordnungen treffen
kann, so ist den Bundesstaaten das Recht, in Kriegszeiten den
Belagerungszustand zu verhängen, durch die Reichsverfassung genommen.
(Vgl. R. von Mohl. Rtaatsr. S. 85). In Friedenszeiten ist
jedoch ein konkurrierendes Recht des Reiches und der Bundesstaaten
hinsichtlich der Erklärung des Belagerungszustandes anzunehmen, so daß
in Preußen nach § 2 des Ges. vom 4. Juni 1851 das Staatsministerium
berechtigt wäre, in Friedenszeiten für den Fall eines Aufruhrs den
Belagerungszustand für einen bestimmten Teil der Monarchie zu erklären.
Durch Reichsgesetz vom 12. Oktober 1867 ist dem Kaiser für den
Fall, daß die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des Reiches oder
eines Bundesstaats bedroht erscheint, das Recht eingeräumt, die Paß-
verpflichtungen zu erhöhen.
II. Recht auf die kaiserliche Stellung.
Die Kaiserwürde ist ein Kronrecht Preußens, ein Akzessorium der
preußischen Königswürde. Daraus ergibt sich:
à) Für Thronfolge und Regentschaft 1) im Reiche sind die Grund-
sätze des preußischen Verfassungsrechts maßgebend.
b) Der Kaisertitel ist stets mit dem preußischen Königstitel ver-
bunden. (Wilhelm II., Deutscher Kaiser, König von Preußen.) )
Bei Staatsakten der preußischen Landesregierung wird der Kaisertitel
nicht mitaufgeführt.)
III. Kaiserliche Ehreurechte.
a) Kaiserlicher Ditel;#) derselbe ist kein Herrschertitel, hat keine Gebiets-
hobeit zur Voraussetzung,?) deshalb heißt es auch Deutscher Kaiser,
nicht Kaiser von Deutschland.
b) Die kaiserlichen Insignien (Krone, Wappen, Standarte).
c) Den erhöhten strafrechtlichen Schutz (RSt G. §§ 80, 94, 95).
d) Das Recht, Titel, Rang und Uniform der Reichsbeamten zu be-
stimmen (RBG. 8§ 17). « "
IV. Dispositionsfonds.
Eine Zivilliste oder sonstige Dotation ist mit Führung des Kaiser-
titels nicht verbunden. Nur wird alljährlich im Etat dem Kaiser ein
1) Eine Regentschaft mit dem damaligen Kronprinz Friedrich Wilhelm als
Regent bestand im Deutschen Reiche vom 4. Juni bis 5. Dez. 1878. (Erl. vom
4. und 5. Juni und 5. Dez. 1878). Vgl. ferner Kab.-Order vom 17. Nov. 1887
und Erlaß vom 23. März 1888.
2) Eine Ausnahme jedoch bei der Eidesformel der unmittelbaren Reichsbeamten,
welche nur dem Kaiser Gehorsam geloben.
2) Versaill. Proklam. v. 18. Januar 1871: „Demgemäß werden Wir und Unsere
Nachfolger an der Krone Preußens fortan den kaiserlichen Titel in allen Unseren
Beziehungen und Angelegenheiten des Deutschen Reiches führen."“
4) Der kaiserliche Titel und das Prädikat „Kaiserliche Hoheit“ ist nur noch dem
Kronprinzen („des Deutschen Reiches und von Preußen“), nicht auch anderen preußischen
Prinzen verliehen (Kais. Erl. v. 18. Jan. 1871).
*) A. M. Schulze, deutsch. Staatsr. Bd. 2 S. 41. In völkerrechtlichen Ver-
trägen heißt es zwar stets: lempereur d’ Allemagne.