8 64. Die Reichsfinanzverwaltung. 127
Angelegenheiten Nr. 2, 7, 8, 9, 11 und bezüglich des Reichshaushalts-
etats.
IV. Verordnungen des Reichs.
Als oberstes Verwaltungsorgan ist der Bundesrat durch Art. 7 Z. 2
im allgemeinen zum Erlaß von Verwaltungsverordnungen befugt,
sofern nicht durch Reichsgesetz etwas anderes bestimmt ist. Dies ist
durch die Reichsverfassung in einigen Materien tatsächlich geschehen.
Für das Militärwesen (Art. 63V, 68), die Kriegsmarine (Art. 53),
das Post= und Telegraphenwesen (Art. 50) ist das Verordnungsrecht
dem Kaiser zugewiesen.
Rechtsverordnungen können, da ihr Erlaß verfassungsmäßig
nicht geregelt ist, nur auf Grund besonderer, in einem Reichsgesetz
enthaltener Ermächtigung ergehen. ) Diese Ermächtigung kann sowohl
dem Bundesrate, als dem Kaiser, dem Reichskanzler oder einer anderen
Reichsbehörde erteilt werden. Ist allgemein bestimmt, daß die zur
Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen Rechtsregeln im Wege der
Verordnungen erlassen werden sollen, so gilt der Bundesrat als hierzu
ermächtigt.
Notverordnungen mit Gesetzeskraft kennt die Reichsverfassung nicht;
sie sind für Elsaß-Lothringen zugelassen.
Die Verordnungen werden veröffentlicht in dem seit 1873 ein-
gerichteten Zentralblatt für das Deutsche Reich, welches vom Reichs-
amt des Innern herausgegeben wird und als ein für die amtliche
Verkündigung, das heißt zur Ermöglichung allgemeiner und zuverlässiger
Kenntnisnahme, genügendes „Organ erachtet werden muß. Dieses
Publikationsverfahren ist daher als gültig zu erachten?) trotz des
Widerspruchs einiger Staatsrechtslehrer 3), welche der Ansicht sind, daß
die Rechtsverordnungen materiell Gesetze darstellen und daher gleich
diesen auch der Sanktionierung, Ausfertigung und Verkündung be-
dürfen, wobei letztere sachgemäß nur im Reichsgesetzblatt erfolgen
könne. Diese Ansicht findet aber in der Reichsverfassung selbst keine
Stütze.
8§ 64. Die Reichsfinanzverwaltung.“)
Einleitung. Das Deutsche Reich gilt im privat= (vermögens-recht-
lichen Verkehr als juristische Person des öffentlichen Rechts mit dem
Namen „Reichsfiskus.“ Als solcher genießt es in jedem Bundesstaate
die Privilegien des Landesfiskus (ogl. Ges. vom 25. Mai 1873, § 11.).
1) Vgl. Laband, Deutsch. Staatsr. Bd. 1, S. 566; Sendel, Kommentar, S. 277;
Dernburg, BR. Bd. 1 § 21 S. 60. R. Bd. 40 S. 70; A. M. Arndt i. Recht
1901, Note 5 S. 108.
2) Vgl. Dernburg, BR. Bd. 1 § 24 S. 67; v. Sendel, Kommentar z. Reichs-
verf. 2. Aufl. S. 45; Zorn, Bd. 1 § 17, RG. Bd. 40 S. 76f.
*) So Laband, Deutsch. Staatsr. Bd. 1 S. 583, Arndt in Zeitschr. „Das
Recht“. 1901 S. 58, G. Meyer, Staatsr. § 159 und die bei diesen angeführten
Schriftsteller.
4) Literatur: Laband: § 120; Hänel in Hirths Annalen. 1874 S. 1487; Auf-
seß, Zölle und Steuern des Deutschen Reichs in Hirths Annal. 1893 S. 160;
Zorn, R. Staatsrecht §§ 44, 47, 48; Meyer, R. Staatsr. 55 208, 209; Arndt.
Reichs-Staatsr. §§ 37, 38; Reincke, Verfassung d. deutsch. R. Berlin. 1906 S.,186ff.