§ 68. Zoll= und Handelswesen im Deutschen Reich. 135
andere Mühlenfabritate, desgleichen auf Backwaren, Vieh, Fleisch,
Fleischwaren und Fett nicht erhoben werden.
Für die Art der Erhebung der Verbrauchssteuer von den im In-
lande erzeugten Gegenständen haben sich zweierlei Formen ausgebildet,
welche beide an die Herstellung der Waren sich anschlossen. Soweit
der Staat sich die Herstellung selbst vorbehielt, wurde eine Monopol=
steuer erhoben. Bei den Waren, die im Privatverkehr hergestellt
wurden, erhob der Staat, welcher die Fabrikation im Steuerinteresse
überwachte, eine Fabrikationssteuer. In Deutschland sind im Interesse
der Gewerbefreiheit alle Monopole beseitigt, es werden somit neben
Stempeln und Grenzzöllen als inneren Verbrauchssteuern nur Fabrikations-=
steuern erhoben. Ohne Rücksicht auf die Art der Erhebung gliedern
sich die Grenzzölle und inneren Verbrauchssteuern in Genußmittel-
und Lebensmittelsteuern. Die Genußmittelsteuern sind Luxussteuern.
Die wichtigsten derselben sind im Auslandsverkehr die Kolonialwaren,
im inneren Verkehr die Getränke, Schaumwein, Branntwein und Bier,
der Tabak und der Rübenzucker.
Während die Luxussteuer vor allem von dem wohlhabenderen Teil
der Bevölkerung getragen wird, fallen die Lebensmittelsteuern auch den
minder Begüterten zur Last.
Aus volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Gründen sind in
Deutschland die Lebensmittelsteuern bis auf die Salzsteuer abgeschafft.
Die wieder eingeführten Getreide= und Viehzölle fallen nicht hierunter,
da sie als Schutzzölle dienen sollen.
Von den indirekten Steuern stand anfänglich die Stempelsteuer aus-
schließlich den Einzelstaaten zu, im Laufe der Zeit ist die Wechsel-,
Börsen= und Spielkartensteuer auf das Reich übergegangen.
Dem Reiche stehen daher folgende Steuern zu: die Wechsel-, Börsen-
und Spielkartenstempelsteuern, die Grenzzölle und die vom Schaum-
wein, Bier, Tabak, Zucker und Salz erhobenen Verbrauchssteuern.
Die Ordnung des Steuerwesens erfolgt im Wege der Reichsgesetz-
gebung (RV. Art. 35).
Die Erhebung und Verwaltung liegt grundsätzlich jedem Bundesstaate
innerhalb seines Gebietes nach Maßgabe der reichsgesetzlichen Be-
stimmungen auf seine Kosten ob. Ihre Erträge fließen in die Reichskasse.
Die Kontrolle über die Beobachtung des gesetzlichen Verfahrens steht
an oberster Stelle dem Kaiser zu, welcher diese Aufsicht durch Reichs-
beamte, „Reichsbevollmächtigte für Zölle und Steuern“, deren Er-
nennung nach Anhörung des Bundesratsausschusses für Zoll und
Steuerwesen erfolgt, ausübt.
Die Abstellung gefundener Mängel steht dem Bundesrat zu (RV. Art.36).
8 68. Zoll- und Haudelswesen im Deutschen Reich. )
Allgemeines.
I. Unter Zoll versteht man eine Abgabe oder Steuer, welche er-
hoben wird, sobald gewisse Waren eine bestimmte Grenzlinie über-
4) Literatur: Laband § 120; Hänel in Hirth's Annalen. 1874 S. 1487; von
Aufseß, Zölle und Steuern des D. Reichs in Hirth's Ann. 1893 S. 160; Zorn,