Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 76. III. Stehender Gewerbebetrieb. 175 
8 76. III. Stehender Gewerbebetrieb. 
(Titel 2 der Gew.-Ordn.) 
I. Anmeldung. Wer den selbständigen Betrieb eines stehenden 
Gewerbes anfängt, muß in jedem Falle der für den Ort des Geschäfts- 
beginns nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde gleichzeitig Anzeige 
davon machen (8 14). · 
Voraussetzungen der polizeilichen Anmeldung sind: 
a) Selbständiger Gewerbebetrieb. Ein solcher liegt vor bei 
einem Betriebe „für eigene Rechnung und unter eigener Verantwort- 
lichkeit“ RG. E. in Strafs. Bd. 9 S. 103. Zu den sebständigen Ge— 
werbetreibenden gehören auch die Hausgewerbetreibenden. 
b) Stehender Gewerbebetrieb. Stehend ist ein Betrieb, wenn 
er nicht im Umherziehen betrieben wird. Or. E. vom 2. März 1871. 
(Ml. S. 151 und JIM l. S. 119), R. E. in Str. Bd. 9 S. 351 
und KE. E. Bd. 7 S. 208, Bd. 12 S. 303. 
Der Anzeigepflicht ist spätestens mit Beginn des Betriebs zu genügen. 
Auch die Verlegung eines Gewerbebetriebes an einen anderen Ort ist 
als Anfang eines Gewerbebetriebes anzusehen und anzeigepflichtig, 
OVG. E. Bd. 11 S. 318 (v. Kamptz Bd. 4 S. 14). Ebenso die Be- 
gründung von Zweigniederlassungen an anderen Orten und der Beginn 
eines weiteren Gewerbes neben dem bisherigen oder statt seiner. OL. 
München, Entsch. Bd. 6 S. 242 vom 28. Oktober 1890. Die Anzeige 
ist auch zu erstatten beim Beginn eines stehenden Gewerbes durch 
einen zum Wandergewerbebetrieb Berechtigten, beim Beginn eines 
konzessionierten Gewerbes (8§ 29 ff.) und beim Eintritt eines Rechts- 
nachfolgers. 
Verschieden von dieser Anzeige sind die in Steuergesetzen vor- 
geschriebenen Anzeigen, welche landesrechtlicher Natur sind. 
Die Anzeige hat zu erfolgen in Preußen bei dem Gemeindevorstand, 
ebenso in Bayern, Sachsen, Württemberg, Oldenburg, dagegen in 
Baden bei der Ortspolizeibehörde, in Hessen und Elsaß-Lothringen bei 
dem Bürgermeister. Für Berlin gilt die Sonderbestimmung, daß die 
Anzeige zu geschehen hat bei der Verwaltung der direkten Steuern in 
Berlin. Die Behörde bescheinigt den Empfang der Anzeige (§ 15 
Abs. 1) und gibt der für den Ort des Gewerbebetriebes zuständigen 
Ortspolizeibehörde von ihrem Inhalt Kenntnis (Ausf. Anw. Ziff. 7). 
Die Anzeige muß mindestens enthalten den Namen des Gewerbe- 
treibenden, den Gegenstand des Betriebes und den Ort der Niederlassung. 
Unterlassung der Anzeige wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. und 
im Unvermögensfalle mit Haft bis zu 4 Wochen bestraft (§ 148 Ziff. 1 
G#.)z; eine Verhinderung des Betriebes ist dagegen nicht zulässig 
(OVG. Bd. 5 S. 282). 
Nur bei genehmigungspflichtigen Gewerben kann die Polizeibehörde 
die unbefugte Fortsetzung des Betriebs durch unmittelbaren 
Jwang werhindern. Vgl. OVG. Bd. 9 S. 280 und RG. Strafss. 
Bd. 22 S. 7.
	        
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