Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

8 2. Begriff des Staates. 7 
Die ausschließliche Herrschaft, die jedem Staat über sein Gebiet 
zusteht, erleidet eine Ausnahme durch die sogen. Staatsdienstbarkeiten. 
Staatsdienstbarkeiten sind dauernde Beschränkungen der Gebiets- 
hoheit eines Staates, welche durch Vertrag oder unvordenklichen Besitz 
zugunsten eines anderen Staates begründet sind. 
Man unterscheidet affirmative und negative. 
Zu den ersteren gehören z. B. Etappenstraßen für Truppenmärsche, 
Besatzungsrechte, das Recht, gewisse Hoheitsrechte z. B. Gerichtsbarkeit 
oder Polizeigewalt, oder gewisse Regalien, z. B. das Postregal, über 
die eigene Grenze hinaus auszuüben, Fischereigerechtsame für die An- 
gehörigen des einen Staates in den Gewässern des anderen. 
Negative Staatsdienstbarkeiten sind z. B. die Beschränkung eines 
Staates in bezug auf die Aufstellung einer größeren Truppenzahl, die 
Unterhaltung von Kriegsschiffen oder die Anlage von Festungen in 
gewissen Teilen seines Gebietes. 
Neben den eigentlichen d. h. vertragsmäßigen Staatsdienstbar- 
keiten unterscheidet man noch sog. natürliche, die sich aus der Ge- 
bietsnachbarschaft von selbst ergeben z. B. Aufnahme eines abfließenden 
Gewässers und umgekehrt ungehinderten Abfluß eines fließenden Wassers. 
Privaten können Staatsdienstbarkeiten nur ausnahmsweise unter völker- 
rechtlicher Garantie zustehen, wie z. B. früher dem Hause Thurn u. 
Taxis das Postrecht unter Garantie der deutschen Bundesakte. 
3. Die Staatsgewalt. Hierunter versteht man die Summe der Macht- 
befugnisse, die dem Staate zustehen über Land und Leute (imperium). 
Wie der Staat selbst, ist auch die Staatsgewalt ein einheitliches 
Ganzes. Als Einheit kommt sie äußerlich in dem sogen. Träger der 
Staatsgewalt zur Erscheinung. Träger heißt die Stelle, wo alle die 
Staatsgewalt konstituierenden Machtbefugnisse des Staates in eins zu- 
sammengehen und von wo aus sie wieder ausstrahlen. « 
Über den Rechtsgrund der Staatsgewalt existieren verschiedene 
eorien: 
a) Die historische Theorie geht von der Tatsache, daß eine höchste 
Gewalt im Staate existiert, aus. Nach ihr ist der Herrscher souverän 
„von Gottes Gnaden“. (Autoritätsprinzip oder die Theorie der voll- 
endeten Tatsachen.) 
2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß 
nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung 
ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person, noch durch Gewährung 
deutscher Rechtshilfe zugestellt ist; 
3. wenn in dem Urteile zum Nachteile einer deutschen Partei von den Vor- 
schriften des Art. 13 Abs. 1, 3 oder der Art. 17, 18, 22 des EG. z. BGB. oder 
von der Vorschrift des auf den Art. 13 Abs. 1 bezüglichen Teiles des Art. 27 des- 
selben Ges. oder im Falle des Art. 9 Abs. 3 zum Nachteile der Ehefrau eines für 
tot erklärten Ausländers von der Vorschrift des Art. 13 Abs. 2 abgewichen ist; 
4. wenn die Anerkennung des Urteils gegen die guten Sitten oder gegen den 
Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde; 
5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. 
Die Vorschrift der Nr. 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, 
wenn das Urteil einen nicht vermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den 
deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inlande nicht begründet war.
	        
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