Metadata: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

Nr. 4. 
Nr. 5. 
108 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaft. § 232 (Nr. 4—6). 
4. Ermächtigung Einzelner bei Gesamtvertretung. Wenn nach Gesetz, Gesell- 
schaftsvertrag oder Anordnung des Aufsichtsrats Gesamtvertretung stattfindet, kann 
der Vorstand (also einschließlich der ermächtigten Mitglieder, Johow N.F. 1 A’74) 
entgegen dem aus dem B. G. B. 5 664 Abs. 1 ersichtlichen Grundsatz einzelne 
Mitglieder zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder Arten von Geschäften er- 
mächtigen. Die Ermächtigung kommt nur als gewöhnlicher Auftrag mit ent- 
sprechender Vollmacht in Betracht. Das ermächtigte Vorstandsmitglied stellt 
nicht etwa den Vorstand dar. Dies ergibt sich aus § 235 Abs. 2; denn wer als 
Vorstand auftreten kann, vertritt die Gesellschaft Dritten gegenüber ohne Rücksicht 
auf die Beschränkung, daß die Vertretung sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten 
von Geschäften erstrecken soll; offenbar aber soll die Beschränkung der vom Vorstand 
Ermächtigten gerade gegenüber Dritten wirken. Die Ermächtigung darf nur auf 
bestimmte Geschäfte oder Geschäftsarten gehen; eine allgemeine Ermächtigung 
ist unzulässig, danach auch die Bestellung einzelner Mitglieder zu Prokuristen; der 
Vorstand kann die Gesamtvertretung nicht in Einzelvertretung umwandeln (vogl. 
O.L.G. Dresden in Z. XXXVII S. 553, O L.G. Karlsruhe in Holdheim III S.305). 
Wohl aber kann der Vorstand ein einzelnes Mitglied zum Handlungsbevollmäch- 
tigten bestellen (R.G. in J.W. 1900, 663; 1901, 287). Der Vorstand erteilt die Er- 
mächtigung wirksam in der Besetzung, die für seine Willenserklärungen überhaupt 
nötig ist. Er erteilt sie in jeder für Willenserklärungen zulässigen Art, auch z. B. 
dadurch, daß er die Vornahme gewisser Geschäfte durch ein Mitglied ständig zuläßt 
(Denkschr.; vgl. R.G.S. V S. 16ff., XLVIII, S. 57ff., O.L.G. Hamburg Seuffert 
LVIII Nr. 176, O. L. G. Hamburg in O.L.G. Rspr. V S. 47). Das R.G. (bei Gruchot 
XIVI, 135) will sogar nachträgliche Genehmigung für wirksam erachten, womit aber 
das Erfordernis der Kollektivvertretung beseitigt wird. Verbietet der Gesellschaftsvertrag 
die Ermächtigung, so ist dies zwar nach innen, insbesondere für die Vorstands- 
mitglieder, nicht aber gegenüber Dritten wirksam (5 235). Die erteilte Ermächtigung 
kann vom Vorstand widerrufen werden. 
Auch nach älterem Rechte suchte die Praxis dergleichen Ermächtigungen tunlichst 
u halten (R.O. H. G. VI S. 392ff., VII S. 34; R.G.Z. XXIV S. 28, Bolze VIII 
r. 548; O. L. G. Hamburg in 3. XXXV S. 246). - 
5. Empfangnahme von Willenserklärungen. Ist eine Willenserklärung der 
Gesellschaft gegenüber abzugeben (einseitige empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte), so 
genügt Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied. Hiermit ist der Grundsatz an- 
erkannt, daß das Wissen jedes Vorstandsmitgliedes Wissen der Gesellschaft sei (so 
schon für früheres Recht Bolze l Nr. 1186, III Nr. 439, VII Nr. 351, J.W. Schr. 
1893 S. 429, 1899 S. 46 r2c.). Im Gesellschaftsvertrag kann mit Wirkung für Dritte 
nichts anderes bestimmt werden (B.G. B. ös 28 Abs. 2, 40). 
6. Gesamtvertretung vurch Vorstandsmitglieder und Prokuristen. Die Praxis 
hat das Zusammenwirken von Vorstandsmitgliedern und Prokuristen bei Willens- 
erklärungen für die Aktiengesellschaft herausgebildet. Diese Ubung ist nunmehr 
Fletziuch geregelt. Das Gesetz unterstellt hierbei Mehrgliedrigkeit des Vorstandes. 
Verleiht in diesem Falle der Gesellschaftsvertrag nicht jedem Vorstandsmitglied die 
selbständige Vertretung, liegt also an sich ein Fall der Gesamtvertretung vor, so 
kann im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, daß Vorstandsmitglieder entweder 
zusammen oder in Gemeinschaft mit Prokuristen die Gesellschaft vertreten. Auch 
kann der Gesellschaftsvertrag den Aufsichtsrat ermächtigen, einzelnen Mitgliedern 
die Vertretung mit Prokuristen — statt mit anderen Mitgliedern — zuzugestehen. 
Bisher wurde allgemein die Unzulässigkeit einer Bestimmung angenommen, wonach 
das alleinige oder jedes Mitglied oder alle Mitglieder des Vorstands nur mit einem 
Prokuristen handeln können. Hieran ist weiter festzuhalten (so auch Kammerger. 
in Entsch. F.G. 1 S. 50ff. = Johow. Ring XX A 30, V S. 243 — Johow- 
Ring XXIX A 95). Die Vertretung der Gesellschaft ist vom Gesetz dem Vorstand 
zugewiesen. Damit ist es unverträglich, daß die den Vorstand bildenden Mitglieder 
nicht ohin Mitwirkung eines Dritten handeln können. Auch der Wortlaut des 
Gesetzes stellt dies klar; denn er läßt (val. Denkschr.) bei Mehrgliedrigkeit des Vor- 
stands die Vertretung durch Vorstandsmitglieder mit Prokuristen nur vorbehaltlich 
der Vertretung durch mehrere Vorstandsmitglieder („wenn nicht mehrere zusammen 
handeln") zu. Dagegen ist, wie die Bestimmung über die Ermächtigung des Auf- 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.