Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 76. III. Stehender Gewerbebetrieb. 191 
Ist aber die Erlaubnis einmal erteilt, so ist die Polizei nicht befugt, 
an das Lokal mit Rücksicht auf den Gewerbebetrieb neue An- 
forderungen zu stellen (OVG. Bd. 5 S. 286 und E. vom 28. Mai 
1891; PVBl. S. 600; v. Kamptz Bd. 4 S. 72; sowie KG. E. 
XXIC S. 62). 
Zu 77) Die Versagung der Erlaubnis wegen mangelnden Be- 
dürfnisses ist den Landesregierungen (in Preußen dem Minister des 
Innern O. Bd. 6 S. 271 vom 5. Juni 1880) als besondere 
Befugnis eingeräumt und zwar allgemein beim Ausschank von Brannt- 
wein bezw. Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus und ferner 
beim Betrieb der Gastwirtschaft oder beim Ausschänken von Wein, 
Bier in Ortschaften mit weniger als 15000 Einwohnern, sowie in 
solchen Ortschaften mit einer größeren Einwohnerzahl, für welche dies 
durch Ortsstatut festgesetzt wird. 
Für die Entscheidung der Bedürfnisfrage bei Konzessionierung von 
Schankstätten sind nicht sowohl die Ansprüche der Einwohner der 
Ortschaft, worin die Gast= und Schankwirtschaft errichtet werden soll, 
sondern auch das Bedürfnis des dort verkehrenden Publikums ohne 
Rücksicht auf seine Gemeindeangehörigkeit zu berücksichtigen; OVG. 
Bd. 10 S. 258 v. Kamptz Bd. 4 S. 77. Ferner fällt wesentlich 
ins Gewicht das Verhältnis der vorhandenen Schankwirtschaften zu 
der Größe und Art der Bevölkerung, sowie zu dem Umfang 
des Verkehrs. Damit ist aber die Beachtung anderweiter berech- 
tigter Gesichtspunkte (z. B. die Bedürfnisse einer bestimmten Gesellschafts- 
klasse oder eines Teiles der Bevölkerung OVG. Bd. 8 S. 256) nicht 
ausgeschlossen, namentlich, daß die Benutzung der bestehenden Anlagen 
mit Unzuträglichkeiten, sei es für die Besucher oder das größere 
Publikum, verbunden ist, z. B. eine Schmalheit der betr. Straße, 
welche bei Aufstellung zahlreicher Fuhrwerke zu Verkehrshinderungen 
führt. Auch sittenpolizeiliche Rücksichten können Beachtung verlangen. 
W E. vom 21. Juni 1880; PVBl. 1 S. 357; v. Kamptz Bd. 4 
. 80. 
Eine Prüfung der Bedürfnisfrage bei Realschankberechtigungen ist 
ausgeschlossen. OVG. E. Bd. 3 S. 249 vom 28. November 1877, 
Bd. 8 S. 272 vom 1. April 1882. Der Umstand, daß auf dem 
Grundstücke seit 20 Jahren oder seit Menschengedenken Schankwirtschaft 
betrieben worden ist, schließt die Anwendung des § 33 Abs. 3 GewO. 
nicht aus; OVG. Bd. 1 S. 295, Bd. 4 S. 339. Bei jedem 
Personalwechsel ist eine wiederholte Prüfung der Voraussetzungen 
einer Konzession nach allen Richtungen, auch nach der Bedürfnisfrage, 
nötig. OVG. E. vom 14. Januar 1880; Pl. II 239 und E. vom 
7. Februar 1883; PVBl. IV 184. Die Bedürfnisfrage ist vom 
Standpunkte der Ordnungs= und Sittenpolizei daraufhin zu prüfen, 
ob ein öffentliches Interesse vorliegt. OVG. E. vom 9. Februar 1881; 
PVl. II 239 und E. vom 7. Februar 1883; PVl. IV 184. 
Dagegen kommt das der Konzessionierung entgegenstehende Privat- 
interesse von Berufsgenossen des Konzessionssuchers nicht in Betracht; 
OG. E. Bd. 10 . 254.— 
 
	        
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